Der Euro war und ist eine Fehlkonstruktion – ist das noch zu ändern?

Schiffsparabel
Otto Neurath (1945):

Stellen wir uns Seefahrer vor, die auf hoher See die Form ihres schwerfälligen Schiffes von einer mehr runden zu einer mehr fischähnlichen verändern wollen. Neben dem Holz des alten Baumes verwenden sie Treibholz, um Skelett und Rumpf ihres Schiffes umzugestalten. Aber sie können das Schiff nicht zum Dock bringen, um ganz von vorne zu beginnen. Während sie arbeiten, bleiben sie auf dem alten Bau und trotzen schweren Stürmen und donnernden Wogen. Beim Umbau des Schiffes tragen sie Sorge, dass kein gefährliches Leck auftritt. Ein neues Schiff erwächst aus dem alten, Schritt für Schritt -, und während sie noch bauen, mögen die Seefahrer bereits an einen neuen Bau denken, und sie werden nicht immer einer Meinung sein. Die ganze Sache wird in einer Weise vorangehen, die wir heutzutage nicht einmal erahnen können. Das ist unser Schicksal.

Eine überaus treffende, nachfolgend in den wesentlichen Ausschnitten wiedergegebene Analyse von Michael Braun in der taz vom 25.06.2012 kommt nüchtern zu dem Ergebnis:

Der Euro war von Anfang an eine Fehlkonstruktion, und er ist es nach zwei Jahren permanenter, allseitiger Rettungsbemühungen immer noch.

Die Frage ist nun: wird er es notwendigerweise auch bleiben? Sind die – manchmal als „Geburtsfehler“ bezeichneten – strukturellen Defizite der Konstruktion Euro in Wahrheit derart fundamentale Konstruktionsfehler, dass sie innerhalb der bestehenden Währungskonstruktion gar nicht zu beheben sind? Dass alle Rettungsanstrengungen Flickschusterei bleiben müssen?

Otto Neuraths berühmte „Schiffsparabel“ in ihrer Langfassung (s.o.) beschreibt die gravierenden Kalamitäten des laufenden Euro-Umbauversuchs höchst anschaulich.

So heldenhaft unsere Euro-Schiffer sich gewiss bemühen, so fraglich ist es doch, ob das Umbauprojekt zur Rettung des Euro auf diese Weise gelingen kann. Möglicherweise muss das gesamte Projekt einer gemeinsamen europäischen Währung zunächst in seine alten Bestandteile zerlegt werden, weil die Konstruktionsanleitung, der Bauplan, von Grund auf fehlerhaft war.

Evtl. wird man es irgendwann auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen und „aus besten Bestandteilen neu errichten“ können – aber die gegebene Konstruktion ist möglicherweise nicht zu retten. Michael Braun (taz) erläutert, warum.

Bild:  dpa

„Wir sind ja eine Struktur, die gibt es so auf der Welt nicht“, bemerkte Kanzlerin Angela Merkel dieser Tage treffend über die Euro-Zone. Mittlerweile seit mehr als 13 Jahren ist der Widerspruch des Euro in der Welt:

Geschaffen wurde da ein Geld ohne Staat, weil hinter ihm nicht eine Regierung, sondern gleich 17 Regierungen stehen. 17 Regierungen, die beschlossen haben, ihre Währung zu vergemeinschaften, zugleich aber als Nationalstaaten weiter gegeneinander zu konkurrieren wie gehabt.

17 Regierungen ohne eigene Währung – und auf der anderen Seite eine Währung ohne hinter ihr stehendem Souverän: Damit dieses Unikum funktionieren konnte, wurden allerlei Regeln und Mechanismen in die Welt gesetzt, die allen Staaten des Clubs die nötige Disziplin beim Haushalten und Schuldenmachen auferlegen sollten.

Da war zum einen der Stabilitätspakt mit seinen strengen Parametern zum jährlichen Haushaltsdefizit und zur Gesamtverschuldung. Und da ist zum anderen das Statut der EZB, das die Europäische Zentralbank aufs Stabilitätsziel festlegt und ihr zugleich untersagt, die Bonds der Mitgliedstaaten bei ihrer Emission aufzukaufen.

Auf ein höchst riskantes Spiel hatten sich da die Euro-Staaten eingelassen:

Geldpolitisch war ihnen jeder autonome Handlungsspielraum genommen, zugleich war ihnen das Ventil möglicher Abwertungen innerhalb des Euro-Raums auf Dauer verschlossen.

Naive Konvergenzerwartung

Versorgt wurden sie vorerst bloß mit einer naiven Konvergenzerwartung: Da alle nun mit dem gleichen Geld, im gleichen grenzenlosen Wirtschaftsraum operierten, würden sich ihre Volkswirtschaften mit der Zeit aneinander angleichen.

Doch das Gegenteil geschah, wie die Handels- und Zahlungsströme zwischen den Euro-Staaten bald zeigten. Vorneweg Deutschland – und mit ihm einige andere Länder des harten Kerns – erwirtschaftete Jahr für Jahr wachsende Überschüsse.

Auf der anderen Seite standen jene Staaten – es sind, keineswegs überraschend, diejenigen, die heute als Pleitekandidaten gelten, deren Handels- und Leistungsbilanzdefizite im gleichen Rhythmus stiegen.

Anders gesagt: Deutsche Waren überschwemmten den Euro-Raum, deutsche Anbieter drückten ihre Konkurrenten an die Wand, keinerlei Abwertung konnte mehr Ausgleich schaffen, wie dies bis 1998 der Fall gewesen war.

„Die ganze Welt will unser Geld“, jammern jetzt in der Euro-Krise deutsche Medien. Wahr war zunächst das Gegenteil: Das Geld der anderen floss in immer rascherem Tempo nach Deutschland, dessen Überschuss innerhalb des Euro-Raums auf über 100 Milliarden Euro pro Jahr kletterte.

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Das Kleingedruckte des ESM (1): Diktatur der Schuldenstaaten mit permanentem Zugriff auf unser Geld?

Der am Freitag im Deutschen Bundestag zur Ratifizierung anstehende ESM-Vertrag wird mir langsam unheimlich. Da ist zum einen die an diktatorische Machenschaften gemahnende Art und Weise, wie dieser folgenschwere, kostenintensive Vertrag ohne hinreichende Informations- und Diskussionsmöglichkeiten der Bundestagsabgeordneten in kürzester Zeit durchs Parlament gepeitscht werden soll. Ein Vertrag, bei dem der Teufel im Detail steckt, im Kleingedruckten.

In der Welt vom 25.06.2012 erläutern der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Bundestages, der von mir außerordentlich geschätzte Altliberale Burkhard Hirsch, sowie der als Euro-Kritiker bekannt gewordene FDP-MdB Frank Schäffler ihre Kritik an dem ESM-Vertrag.

Der Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) liegt dem Bundestag vor. Er soll am nächsten Freitag ratifiziert werden. Der Vertrag wird kurzfristig die Finanzarchitektur der Euro-Zone und mittelfristig das Gefüge der Europäischen Union verändern – nicht zum Guten.

Denn wo Stabilität draufsteht, ist nicht unbedingt Stabilität drin. Daher wurde der Vertrag vielfach kritisiert. Dennoch hat die Diskussion den Inhalt des Vertrages oder die Inhalte der Begleitgesetzgebung bislang nicht beeinflussen können. Die Parole der angeblichen Alternativlosigkeit verschließt die Befürworter des ESM gegen Kritik.

Unkündbare Nachteile

Die Zielrichtung dieser Kritik betrifft erstens die in ihm angelegte Banklizenz, zweitens seine Ausgestaltung als in wesentlichen Punkten parlamentarisch unkontrolliertes Instrument der europäischen Regierungen und drittens die Problematik des Kapitalabrufs, dem die Mitgliedsstaaten nicht entgehen oder ausweichen können. Überdies: Der Vertrag ist unkündbar.

Und noch ein weiterer Punkt ist außerordentlich problematisch: In einem besonderen Fall erlauben die Vertragsbestimmungen, dass die Haftung Deutschlands den nominal gewährten Betrag von 190 Milliarden Euro übersteigen kann.

Deutschland muss dem Vertrag nach Anteile am ESM zu einem Nominalwert von bis zu 190 Milliarden Euro zeichnen. Dem ESM ist indes die Erlaubnis gegeben, die zwar genehmigten, aber noch nicht gezeichneten Anteile von 620 Milliarden Euro mit einem Aufgeld auf den Nominalwert zu einem höheren Ausgabepreis zu begeben.

Unvorhergesehene Haftung

Deutschland haftet nach dem Vertrag für diesen Ausgabepreis, der sich ergibt aus Nominalwert plus Aufgeld. Daraus folgt, dass durch die Gremien des ESM eine Verpflichtung der Bundesrepublik begründet werden kann, welche die bei seiner Einrichtung getroffene haushaltsrechtliche Vorsorge übersteigt.

Unsere hinsichtlich dieser Aufgeldproblematik geäußerte Kritik am Vertrag ist bislang fruchtlos geblieben. Man teile die Kritik nicht und lege den Vertrag anders aus. Das ist ein berechtigter Einwand. Verträge sind selten eindeutig. Nicht umsonst ringt und streitet man – im privaten wie im öffentlichen Bereich – vor Gericht um den Inhalt vertraglicher Verpflichtungen.

Das führt zu der Frage, wie Streitigkeiten über den Inhalt des ESM ausgetragen werden. Grundsätzlich entscheidet nach den Streitbeilegungsregeln des Vertrags das Direktorium über Auslegungsfragen. Die Entscheidung selbst wiederum kann dem Gouverneursrat vorgelegt werden, wenn ein Mitgliedsstaat der Meinung ist, dass sie nicht mit dem Vertrag vereinbar ist.

Gegen die Entscheidungen des Gouverneursrats ist abschließend der Rechtsweg zum Europäischen Gerichtshof eröffnet. Damit steht eines fest: Deutschland besitzt in den Gremien des ESM kein endgültiges Veto. Daraus folgt, dass es mit Ratifikation des Vertrags nicht mehr in der Macht Deutschlands steht, Entscheidungen zulasten der Bundesrepublik abschließend zu verhindern.

Ein erneuter Verfassungsbruch

Das wiederum verletzt die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht in seiner richtungsweisenden Entscheidung vom 7. September 2011 aufgestellt hat. Es hat gefordert, dass das Parlament die haushaltspolitische Gesamtverantwortung behalten muss.

Bei Streitigkeiten über den Umfang der Haftung Deutschlands für den ESM entscheidet jedoch nicht das Parlament. Es entscheiden zunächst die durch die europäischen Exekutiven besetzten Gremien des ESM. Und in letzter Instanz entscheidet der Europäische Gerichtshof  über den Umfang der deutschen Haftung.

Damit ist bei den möglichen Verpflichtungen aus diesem unkündbaren Vertrag die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Parlaments nicht mehr gegeben. Dieser Fehler der Vertragsgestaltung des ESM lässt sich nicht durch die Begleitgesetzgebung beheben. Weil er deutsches Verfassungsrecht verletzt, darf er somit nicht ratifiziert werden.

Siehe auch:

Ökonomen-Debatte: Geht die Austeritätspolitik zu weit?

Eine interessante Debatte profilierter Ökonomen findet sich bei Voxeu.org  („Research-based policy analysis and commentary from leading economists“): „Has austerity gone too far?“

„Europe has embraced austerity but financial markets still worry about debt sustainability – at least in part due to slow growth that has been associated with fiscal belt-tightening.
Is austerity self-defeating? Is it keeping Europeans underemployed for years and thus destroying the medium-run growth needed to pay off the debt? Or are the belt-tighteners wisely steering their nations clear of Greek-like tragedies?

The questions for debate are simple:

  • Should governments let up on austerity now that the global economy is weak but credibility on fiscal sustainability is far from granted?
  • And under what circumstances would be wise to do so?“

Lead Commentaries

Has austerity gone too far? A new Vox Debate
Giancarlo Corsetti

Fiscal consolidation: Too much of a good thing?
John Van Reenen

Fiscal austerity and policy credibility
Marco Buti, Lucio R Pench

The austerity debate: Make haste slowly
Carlo Cottarelli

Too early to sound the alarm
Manfred J M Neumann

Spending cuts to improve confidence? No, the arithmetic goes the wrong way
J. Bradford DeLong

The austerity question: ‘How’ is as important as ‘how much’
Alberto Alesina, Francesco Giavazzi

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Wer sich für die gegenwärtige Politik des Internationalen Währungsfonds (IWF) interessiert, dem seien die Analysen und Kommentare des derzeitigen Chefökonomen des IWF, Olivier Blanchard, wärmstens empfohlen. Blanchard ist einer der renommiertesten Ökonomen unserer Zeit.

Olivier Blanchard is the IMF’s Chief Economist (Economic Counsellor and Director, Research Department) and Professor of Economics at MIT, having taught previously at Harvard. His research interests are in macroeconomics, including a wide set of issues that range from the role of monetary policy to the nature of speculative bubbles, to the nature of the labour market and the determinants of unemployment, to transition in former communist countries. He is the author of many books and articles, including two textbooks in macroeconomics, one at the graduate level with Stanley Fischer and one at the undergraduate level. He is a Fellow and Council member of the Econometric Society, a past vice president of the American Economic Association, a member of the American Academy of Sciences, and a member of the French Economic Advisory Council to the French Prime Minister. He obtained his PhD in Economics from MIT in 1977.

Recent articles by Olivier Blanchard

Angies Spickzettel

So ähnlich könnte er aussehen, Angies Spickzettel für die Euro-Rettungsgespräche mit ihren Kollegen Hollande, Monti und Rajoy in Rom am Freitag nachmittag. Diese Gesprächsrunde muss zügig über die Bühne gehen, denn unsere fußballbegeisterte Kanzlerin wird dann noch nach Danzig jetten, um unsere Mannschaft pünktlich zum Anpfiff lautstark anfeuern zu können. Neben ihrem frischgebackenen griechischen Kollegen sitzend, der immer so miesepetrig und sauertöpfisch ausschaut, als wäre er magenkrank – ganz im Gegensatz zum Finanzminister, der griechischen Antwort auf Calli Calmund – wird sie strahlen, die Angie, und die (mehr oder weniger) eleganten Spielzüge unserer Jungs mit leuchtenden Augen verfolgen, und wenn nicht der Himmel einstürzt, wird sie allen Grund zum Jubeln haben und dieses – auf und nieder – voller Vitalität, Stolz und glücklicher Hingabe vollziehen. Wenigstens darauf ist Verlass in diesen unsicheren Zeiten.

Von dem Spickzettel mit den denkbaren Maßnahmen zur Euro-Rettung – den oben hat sich die Research-Abteilung der französischen Bank Société Générale ausgedacht – hat sie am Freitag natürlich eine deutschsprachige Version, die vor allem mit ihren ganz eigenen Anmerkungen versehen ist. Der Denkraum wird sich mal um das Original bemühen…

Siehe auch:
  • Wenn die Kanzlerin in Extase gerätVeit Medicküber Merkel und Fußball – Spiegel Online, 22.06.2012
    • „Merkel in der Kabine, Merkel im Trainingslager, Merkel auf der Tribüne: Zum Fußball hat die Kanzlerin im Verlauf ihrer Amtszeit ein recht inniges Verhältnis entwickelt. Fotos ihrer Jubelposen im Stadion sind Kult. Warum eigentlich?“
  • IMF Urges Eurozone to Make More Determined, Collective Response to Crisis– IMF Survey, 21.06.2012
    • The crisis in the euro area has reached a critical stage, the staff of the International Monetary Fund said in its latest assessment, and urged the 17 countries of the eurozone to remain strongly committed to a robust and complete monetary union, including a unified banking system and more fiscal integration.
      • Concrete road map to complete monetary union needed to boost confidence
      • Wide-ranging structural reforms essential to raise growth
      • Support for demand necessary in the short term to cushion impact of adjustment
  • Machtkampf um die EZB – Financial Times Deutschland, 21.06.2012
    • „Der Streit um die Lösung der Schuldenkrise eskaliert – und die EZB wird darin zerrieben: Italiens Premier will in seiner Not die Euro-Zentralbank anzapfen. Die Bundesbank sperrt sich und warnt vor Vertragsbruch.“
  • Vierer-Gipfel in Rom: Drei gegen DeutschlandHans-Jürgen Schlamp(Rom) kennt die Agenda – Spiegel Online, 22.06.2012
    • „Italiens Regierungschef Monti beschwört den Vierer-Gipfel in Rom als „letzte Chance für Europa“. Kanzlerin Merkel und ihre Kollegen aus Italien, Frankreich und Spanien müssen Euro-Land wieder auf Kurs bringen. Doch sie sind zerstritten. Wird der ESM künftig Anleihen von Krisenstaaten aufkaufen?“
  • Lagarde fordert „kreative Geldpolitik“ der EZB– Handelsblatt, 22.06.2012
    • „Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Eurozone eindringlich zu direkter Bankenhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds aufgefordert und damit den Druck auf Deutschland erhöht.“
Sag ich's doch...

Sag ich’s doch…

Europas Endkampf: Mit dem Rücken zur Wand, vor uns der Abgrund

Die Nerven liegen blank. Beim G 20 – Gipfel fühlt EU-Kommissionspräsident Barroso sich von einem kanadischen Reporter, der wissen möchte, warum die Nordamerikaner für die Probleme der reichen Europäer geradestehen sollen, derart provoziert, dass er sich nordamerikanische Belehrungen sichtlich gereizt verbittet und die eigentliche Ursache für Europas Probleme in den USA verortet. „Europa gegen den Rest der Welt“, fasst der Spiegel die Atmosphäre des Gipfels zusammen.

Weltbank-Chef Robert Zoellick hält die milliardenschwere Rettung spanischer Banken für schlechtes Krisenmanagement: „Die Umsetzung war extrem dürftig. Wir warten darauf, dass Europa sagt, was zu tun ist.“ Derweil steigen die Renditen spanischer Staatsanleihen trotz des positiven Wahlausgangs in Griechenland auf Rekordniveau: 10-jährige Titel rentieren bei 7,1 – 7,2 %, einjährige Kurzläufer bei 5,074 %, im Vergleich zu knapp 3 % bei der letzten vergleichbaren Auktion. Das ist der höchste Zinssatz, den das Land für Papiere mit dieser Laufzeit seit Beginn der Währungsunion zahlen muss.

Gleichzeitig bricht der ZEW – Kojunkturindex für Deutschland so stark ein wie seit 14 Jahren nicht mehr.  Auch Italien, neben Spanien der zweite hochverschuldete Wackelkandidat in Südeuropa, der – anders als Griechenland und Portugal – die Eurozone ernsthaft gefährden kann, steckt tief in der Rezession. Dessen Banken sind „begraben unter einem Berg von italienischen Staatsanleihen“, deren Renditen wieder bei 6% liegen – und dies bei einem Refinanzierungsbedarf von allein 20 Mrd. Euro nur in dieser Woche. Der gesamte italienische Schuldenberg liegt bei 2 Billionen, also 2000 Mrd. Euro.

Es ist bereits seit langem klar, dass der Euro nicht unmittelbar an Griechenland scheitern würde, sondern an dem Refinanzierungsbedarf von Spanien und Italien, für den kein Rettungsschirm groß genug wäre, sollten diese beiden Staaten ihre zur Rückzahlung fälligen Staatsanleihen nicht mehr selbstständig am Kapitalmarkt refinanzieren können. Es ist auch klar, dass sie 6 – 7 % Zinsen nicht lange durchstehen würden. Spätestens dann blieben nur Eurobonds – mit der Folge höherer Zinsen, vor allem aber einer dramatisch wachsenden Haftungssumme für Deutschland. Das wäre dann der Fall der Überforderung, wie die Kanzlerin ihn bereits an die Wand malt. Und es wäre ein Politikversagen ohnegleichen.

Siehe auch:
  • Euro in Crisis – Financial Times Themenseite „In Depth“
  • It’s All Connected: A Spectator’s Guide to the Euro CrisisBill Marsh– New York Times, 22.10.2011
    • „Charting the web of debt exposure among sagging economies.“
  • «Das führt zum totalen Zusammenbruch»– Tagesanzeiger (Zürich), 12.06.2012
    • „Der US-Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini warnt vor dem Ende der Eurozone. Noch beunruhigender: IWF-Chefin Christine Lagarde sagt, es bleiben nur noch drei Monate zur Lösung der Krise.“
  • Amerika will Europa vor sich selbst rettenHeike Buchter– Zeit, 13.06.2012
    • „Die Amerikaner trauen den Europäern nicht mehr zu, ihre Probleme selbst zu lösen. Jetzt entwerfen sie eigene Rettungspläne.“
  • Drei Optionen für die Euro-Rettung Mark Schieritz – Zeit, 14.06.2012
    • „Gemeinsame Schulden, eine Bankenunion oder mehr Geld von der Zentralbank: Europa diskutiert, wie seine Währung zu retten ist.“
  • Ist es schon zu spät?Tomasz Konicz– Telepolis, 15.06.2012
    • „Kann ein katastrophaler Zusammenbruch der Eurozone noch abgewendet werden – und was müsste dahingehend unternommen werden?Wer mal in Zeitungsspalten gepresste Panik studieren möchte, dem sei gegenwärtig die Lektüre all der unzähligen Wirtschaftsartikel und Kommentare in der Auslandspresse empfohlen, in denen die Bundesregierung aufgefordert wird, endlich ihre Blockadehaltung bei der Einleitung kreditfinanzierter Konjunkturmaßnahmen aufzugeben. Ein Überblick gefällig? (Erster Teil einer Artikelserie zur Krise des Kapitalismus.)“
  • Die Selbstherabstufung der PolitikWolfgang Münchau– Financial Times (London), 16.06.2012
    • „Nach der kollektiven Herabstufung von neun Ländern der Eurozone, darunter Frankreich, ist deutlich geworden, dass sich die EU-Politik mit ihrer Kombination von Rettungsfonds und Sparpolitik erschöpft hat. Zeit für Angela Merkel und ihre Partner, eine glaubwürdige Lösung zu finden.“
  • Euro-Apocalypse Now?Ralf Streck, Telepolis, 17.06.2012
    • „Am Montag werden sich die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Schwellen- und Entwicklungsländer (G20) in Mexiko treffen. Erneut wird dieser Gipfel unter dem Schatten von den Entwicklungen in Griechenland stehen. Doch mit dem lange absehbaren Absturz Spaniens ist mit dem viertgrößten Euroland ein Schwergewicht hinzugekommen. Ein Domino-Effekt, ausgelöst durch Griechenland, dürfte Spanien zu Fall bringen und könnte Italien mitreißen, was auch ungeahnte Folgen für die Weltwirtschaft hätte.“
  • Institut beziffert Risiken für Deutschland bei Zusammenbruch des Euro auf 1,5 Billionen Euro – Central FM Media, 17.06.2012
  • Neues Modell gegen die Krise: EU-Strategen tüfteln an Euro-Bonds light– Spiegel Online, 17.06.2012
    • „Den Euro-Rettern läuft die Zeit davon. Deutschland sperrt sich gegen Euro-Bonds – nun bastelt die EU nach SPIEGEL-Informationen an einer Light-Version der gemeinsamen europäischen Schuldscheine. Die Anleihen sollen eine kurze Laufzeit bekommen und in der Summe begrenzt werden.“
  • „Die Deutschen sollten besorgter sein als andere“ – US-Ökonom Barry Eichengreen über die ernste Gefahr einer Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er Jahren – Zeit-Interview, 19.06.2012
    • „Ich denke, dass die deutsche Kanzlerin die Dynamik der Krise im Wesentlichen versteht. Was sie hemmt, ist ihr eigenes Temperament und innenpolitische Zwänge. Frau Merkel will kühl überlegt an einer politischen Union, einer Fiskalunion und einer Bankenunion in Europa arbeiten – in dieser Reihenfolge. (…) Das Problem daran ist: Während Angela Merkel bedächtig voranschreitet, bewegt sich die Krise sehr schnell. Europa braucht eine Bankenunion, eine Fiskalunion und eine politische Union – und zwar in dieser Reihenfolge. Solange Frau Merkel, die Bundesbank und die deutsche Öffentlichkeit nicht ihre Sichtweise ändern, wird sich die Krise weiter verschärfen.“
  • Chefinvestor der Deutschen Bank prophezeit Euro-Crash– Spiegel Online, 19.06.2012
    • „Griechenland hat pro-europäisch gewählt, doch viele Investoren geben das Land bereits auf. Ein ranghoher Anlagemanager der Deutschen Bank setzt auf einen schnellen Austritt Athens aus der Währungsunion – und hält ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone für „sehr wahrscheinlich“.“
  • EndzeitstimmungMark Schieritz– Herdentrieb (Zeit-Finanzblog), 19.06.2012
    • „Ich glaube nicht, dass sich in Europa eine echte politische Union verwirklichen lässt und deshalb glaube ich auch, dass das Schicksal des Euro besiegelt ist. Eine Währung ohne Staat wird auf Dauer nicht überleben – und Europa ist für diesen Staat offensichtlich nicht bereit, zumal wenn er durch die Währung erzwungen wird. Auch die Amerikaner brauchten von Hamilton bis zu den Vereinigten Staaten von Amerika in der jetzigen Form einige Jahrzehnte und einen ziemlich blutigen Bürgerkrieg.“
  • Euro-Rettung: Auf dem Weg in Dantes HölleWolfgang Münchau malt den Teufel an die Wand – und öffnet uns die Augen. – Spiegel Online, 20.06.2012
    • „Sollten wir in der Euro-Krise statt auf einen Schrecken ohne Ende auf ein Ende mit Schrecken setzen? Niemals! Das wäre ruinös, gerade für Deutschland. Doch mit ihrer Politik führt uns Kanzlerin Merkel genau dorthin – schnurgerade in Dantes Hölle.“
    • „Ein Ende mit Schrecken wäre ruinös, gerade für Deutschland. Zunächst würde der europäische Binnenmarkt eine Rückkehr zu flexiblen Wechselkursen nicht überleben. Die deutsche Exportindustrie würde sich nicht davon erholen. Es droht auch ein finanzieller Kollaps. Die Bundesbank hat gegenüber der Europäischen Zentralbank Forderungen von rund 700 Milliarden Euro, die sich aus dem Zahlungssystem Target 2 ergeben. Diese Forderungen steigen jeden Monat. Kommt der Bruch Ende des Jahres, droht ein Gesamtverlust in der Größenordnung von ein bis zwei Billionen Euro, einschließlich der Risikoleistungen aus den Schutzschirmen und der Rettung der dann bankrotten deutschen Banken. Das sind rund 40 bis 80 Prozent unseres jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Angela Merkels Politik des Aufschubs ist noch ruinöser. Mit jedem Monat werden die Belastungen Deutschlands im System höher. Ein Beispiel für diesen Wahnsinn ist Griechenlands Schuldenexplosion. Als die Krise begann lag Griechenlands Schuldenlast gerade mal bei 100 Prozent. Nach mehreren Jahren des Sparens und trotz Schuldenschnitts ist der Schuldenstand mittlerweile höher. Wenn jetzt Spanien und Italien ebenfalls unter den Schirm rutschen sollten, dann bürgen Deutschland und Frankreich zusammen für mehr als vier Billionen Euro Schulden. Das ist mehr als das jährliche Einkommen beider Länder zusammen. Wir steuern schnurgerade auf den größten Staatsbankrott der Weltgeschichte zu. Ich kenne nur zwei Lösungen, die das vermeiden: (…)“

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Wie der Euro noch zu retten ist…

…erläutert Markus Sievers in einem klugen Leitartikel in der Frankfurter Rundschau vom 14. Juni 2012. Auszüge:

Spätestens mit der Stützungsaktion für Spanien und seine Banken hat die Euro-Krise eine neue Dimension erreicht. Jetzt geht es nicht um Griechenland und Irland, sondern um die viertgrößte Volkswirtschaft in unserem Währungsverbund. Selbst Italien wankt. Am Sonntag, kurz bevor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum G20-Gipfel nach Mexiko fliegt, wählen die Griechen – auch das könnte den Kollaps einleiten. Oder wird es ein Sturm auf italienische Banken sein? Noch nie stand die Euro-Zone derart nah am Abgrund. Noch nie war die Gefahr so real, dass die Geldunion auseinanderbricht.

Die internationalen Partner dürfen Deutschland nicht überfordern, warnte Merkel im Bundestag. In der Tat üben die Bundesbürger über ihre Beteiligung an den Rettungspaketen und über den Haftungsverbund im System der Europäischen Zentralbank jede Menge Solidarität vor allem mit den strauchelnden Südeuropäern.

Doch Merkel übersieht oder ignoriert bewusst den entscheidenden Punkt: Nichts würde Deutschland stärker überfordern als der Zerfall der Währungsunion.

Wenn

  • das Vertrauen in das europäische Finanzsystem zerstört ist,
  • der Geldkreislauf zusammenbricht,
  • Banken und Versicherungen ihre Forderungen im Ausland abschreiben müssen und
  • die deutsche Industrie einbricht, weil die neue Währung nach dem Ende des Euro massiv aufwertet – 

spätestens dann wird klar werden, wie kleinlich Merkel agierte, als das Übel noch abzuwenden war.

Ob Europa drei Monate Zeit hat, wie der Spekulant George Soros meint, oder es weniger als drei Monate sind, wie IWF-Chefin Christine Lagarde vorhersagt, weiß keiner genau. Sicher ist: Die Zeit läuft ab. Im Grundsatz sind sich darüber alle Verantwortlichen einig. Und sie haben die Richtung abgesteckt, die Europa einschlagen muss, um eine ökonomische, soziale und politische Katastrophe wie in den 1930ern-Jahren des 20. Jahrhunderts zu verhindern. Mehr Europa heißt die einzige Chance. Allerdings kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an.

Wenn Merkel über die politische Union redet, meint sie noch mehr Kontrolle über die Staatshaushalte und die Wirtschaftspolitik der Südeuropäer. Sie denkt an eine gemeinsame Finanzaufsicht und nennt das Bankenunion. Geld, mehr deutsches Steuergeld will sie nicht für Europa herausrücken. Das sichert ihr im Inland Popularität und bei den Koalitionsfraktionen Rückendeckung. Inhaltlich führt das nicht weiter. Solange Europa auf einem Bein steht, bekommt es keine Stabilität.

Natürlich ist es misslich, dass Sparkassenkunden in Berlin und Steuerzahler in Bochum für spanische Konten und italienische Defizite gerade stehen müssen. Aber die Alternative, den Euro kaputt gehen zu lassen, käme um ein Vielfaches teurer.

Mindestens vier Herkulesaufgaben sind zu erfüllen, wenn Europa eine gute Zukunft haben will.

Erstens muss die Gemeinschaft eine echte Bankenunion schaffen. Alle zusammen müssen für die wankenden Banken in den Krisenländern einstehen, um einen Bankrun mit nicht mehr zu kontrollierenden Folgewirkungen zu verhindern. Denkbar wäre, dass die Rettungsfonds EFSF und ESM direkt Geldhäuser stützen. Bisher lehnte Merkel dies ab, im Fall Spaniens bereits nicht mehr ganz so rigoros. Noch besser wäre, die Kanzlerin träte mit Frankreichs Präsident Hollande und anderen vor die Kameras und erklärte: Wir garantieren für Eure Ersparnisse. Um die Kosten zu begrenzen, ließe sich die europaweite Garantie für Einlagen auf inländische Anlagen begrenzen. Nur jene Euro, die ein Italiener bei einer italienischen Bank liegen hat, wären dann geschützt.

Nötig wäre zweitens, die Schulden zumindest ein Stück weit zu vergemeinschaften. Das geht ohne Eurobonds. Die deutschen Wirtschaftsweisen haben einen europäischen Schuldentilgungsfonds vorgeschlagen, der eine Zinsentlastung für Spanien und Italien verbindet mit dem deutschen Wunsch nach harten Auflagen.

Drittens müsste sich die Europäische Zentralbank energisch an der konzertierten Aktion gegen die Krise beteiligen. Last but not least braucht der Neuanfang den Mut für mehr europäische Demokratie. Die politische Union kann nur funktionieren, wenn sie mit einer parlamentarischen Kontrolle des neuentstehenden Machtgefüges einhergeht. Dafür müssen die Nationalstaaten Souveränität aufgeben.

Nichts davon ist leicht umzusetzen. Die Krise aber hat sich derart in den Kern der Währungsunion gefressen, dass die Zeit für einfache Auswege abgelaufen ist.

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Wir, die Bürger, haben uns zwischenzeitlich an die „Krise“ – die in Wahrheit ein Riesendesaster ist – gewöhnt und beobachten ihren Fortgang je nach Naturell eher zuversichtlich oder ängstlich gespannt.

Der eigentliche Skandal ist uns infolge der schleichenden Eskalation gar nicht so recht bewusst geworden: es ist die Tatsache, dass unsere Politiker die Entwicklung eines derartigen Megadesasters in Europa überhaupt zugelassen haben; dass sie sehenden Auges eine Situation haben entstehen lassen, in der unser gesamter Kontinent wirtschaftlich am Abgrund steht. Indem sie Länder mit derart verschiedener und Wirtschaftskraft und -mentalität in das Prokrustesbett einer gemeinsamen Währung gezwängt und ihnen überdies ermöglicht haben, sich mit gigantischen Summen am Kapitalmarkt zu verschulden – in einer Größenordnung, die sie aus eigener Kraft nicht mehr bedienen können. Indem sie einen Staat wie Griechenland trotz seiner maroden Strukturen mit in die gemeinsame Währung aufgenommen haben, und nicht zuletzt, indem sie das Ausmaß des Krisenpotentials nicht frühzeitiger erkannt haben und nicht wirksam dagegen vorgegangen sind, als dies noch mit erheblich einfacheren Mitteln möglich war.

Die un-erhörten Warnungen der Ökonomen-Elite

Es ist keineswegs nur Paul Krugman, der eindringlich vor einer schweren, selbstgemachten, vermeidbaren Weltwirtschaftskrise warnt – es ist zunehmend die gesamte Weltelite der Ökonomen. Deren sorgenvolle Ratschläge und Ermahnungen an die Politik laufen mehr oder weniger alle auf dasselbe hinaus:

„Wenn Ihr europäischen Politiker nicht rasch umdenkt und die EU-weite Sparpolitik durch expansive, das wirtschaftliche Wachstum ankurbelnde Maßnahmen ersetzt, dann führt Ihr die Welt in eine globale Wirtschaftskrise wie zuletzt in den 1930er Jahren. Die Wachstumsimpulse sollten in dieser Situation nicht angebotsorientiert sein (wie die Maßnahmen der Agenda 2010), sondern jetzt muss die Nachfrage nach Gütern und Leistungen stimuliert werden. Das bedeutet:

  • staatliche Infrastrukturprogramme trotz hoher Staatsverschuldung,
  • Lohnsteigerungen, die dem Produktivitätswachstum entsprechen,
  • expansive Geldpolitik, also niedrige Zinsen,
  • Kreditprogramme zur Ankurbelung unternehmerischer Aktivitäten etc.

Also weniger Milton Friedman, stattdessen mehr John Maynard Keynes.“

Man kann sie übrigens alle an einem einzigen Ort im Internet nachlesen, die gesammelten Diagnosen und Warnungen der Ökonomen-Elite: beim Project Syndicate (About Project Syndicate). Die Artikel sind kurz und prägnant, selten länger als eine DIN A 4-Seite, und die meisten wurden professionell ins Deutsche übersetzt. Ich frage mich oft: lesen das unsere politischen Entscheider? Oder machen sie sich, wenn nicht dort, auf anderem Wege mit den Analysen und Empfehlungen der Eliteökonomen dieser Welt vertraut?

Vielleicht noch wichtiger: Konfrontieren sie ihre eigenen Experten – die Weidmanns und Asmussens, auf deren Fachkompetenz sie so große Stücke halten – mit den Auffassungen der Top-Ökonomen? Werden deren Analysen und Handlungsempfehlungen intensiv, unvoreingenommen und ergebnisoffen diskutiert? Und wird dabei bedacht, dass die beiden eben genannten Herren als bekennende Verfechter der gegenwärtigen Austeritätspolitik für den derzeitigen Schlamassel ganz wesentlich mitverantwortlich sind – und daher gewiss wenig geneigt, sich nun selbst Lügen zu strafen? Ich empfehle in diesem Zusammenhang wärmstens einen Beitrag von Albrecht Müller (Nachdenkseiten): Die großen Versager und ihre Ablenkungsmanöver.

Hier eine Zusammenstellung einschlägiger Analysen und Kommentare von Top-Ökonomen zur Eurokrise aus den letzten Monaten beim Project Syndicate.

April
Mai
Juni

(wird fortgesetzt)

Spanien, Zypern, Italien, USA – da reicht kein Geld der Welt

Aus dem heutigen Börsen-Newsletter „Dax Daily“ – Verfasser Henrik Voigt:

„Deutsche Regierungskreise“ wurden in den Finanzmedien gestern mit bahnbrechenden Erkenntnissen zitiert:

Es gibt Anzeichen für eine weltweite wirtschaftliche Abkühlung (wirklich überraschende Erkenntnis nachdem die Frühindikatoren, z.B. die Einkaufsmanagerindizes, bereits seit über einem Jahr fallen). Die Risiken in der Eurozone haben bedeutend zugenommen (auch das ein Geniestreich, wo doch der Euro erst seit Mai 2011 fällt). Die Verantwortung für Weltwirtschaft liegt nicht allein bei Europa (sehr amüsant ist die Beobachtung, wie der schwarze Peter“ immer wieder zwischen Europa und Amerika hin und hergeschoben wird).

Etwas knackiger“ war da schon die Aussage des niederländischen Finanzministers, der sagte, die Lage in Europa sei weit entfernt von einer stabilen Situation. Nehmen wir nur das jüngste (ich nenne es mal beim richtigen Namen) Umschuldungspaket für Spanien: Die Bedingungen der Kreditvergabe sind noch gar nicht geklärt. Und die Wirkung auf die spanischen Anleihezinsen bisher gleich Null. Die Renditen für zehnjährige spanische Titel kletterten gleich mal auf ein neues Allzeithoch bei 6,74 Prozent. Für die italienischen Zinsen ging es im Schlepptau gleich mit auf über sechs Prozent nach oben. Und vorsorglich kündigte Zypern schon mal an, Rettungskandidat Nummer 5 werden zu wollen.

Eine interessante Meldung in diesem Zusammenhang ging gestern beinahe unter: Eine Auktion dreijähriger Titel der USA im Volumen von 32 Milliarden Dollar verlief erstaunlich schlecht. Hier fielen die indirekten Gebote, ein Gradmesser für das Interesse ausländischer Investoren, mit nur noch 27 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2007. Wenn das ein Trend wird und keine Eintagsfliege war, dann wird sich die Finanzwelt wohl demnächst bald dem größten Schuldenmacher unter der Sonne zuwenden und dann haben die USA ein gewaltiges Problem mit ihrer eigenen Refinanzierung. Das Thema US-Schulden wird ohnehin noch in diesem Jahr an den Finanzmärkten hochgekocht werden, denn hier droht eine erneute Haushaltssperre.

Am Ende wird kein Geld dieser Welt ausreichen, um die über 75 Jahre angehäuften riesigen Schuldenberge von 70 Billionen Dollar (nein, kein Druckfehler) noch irgendwie abzutragen. Das ist der Stoff, aus dem sich die Deflation speist, die in den meisten Ländern dieser Welt bereits im vergangenen Sommer begonnen hat. Bisher hat keine Notenbankmaßnahme diesen Trend umkehren können.

Siehe auch:
  • Kurz vor dem KollapsWolfgang Münchau– Spiegel Online, 13.06.2012
    • „Muss nach Spaniens Banken bald auch Italien unter den europäischen Rettungsschirm? Die Hilfen würden bei weitem nicht reichen – der Euro-Zone droht der Kollaps. Wie würde ein Zusammenbruch ablaufen?“
  • Das Ende der Welt, wie wir sie kennen – Harvard-Professor Dani Rodrikdenkt das gegenwärtige Krisenszenario weiter- Project Syndicate, 13.06.2012
    • „Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Nach einem Sieg der linksradikalen Partei Syriza kündigt die neue griechische Regierung an, sie wolle die Bedingungen in den Abkommen mit dem Internationalen Währungsfond und der Europäischen Union neu verhandeln. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bleibt unnachgiebig und meint, Griechenland müsse sich an die bestehenden Vereinbarungen halten.“

Sage später niemand, es habe keine Warnungen gegeben. Es gibt sie seit Jahren, und sie werden immer konkreter.

Joseph Stiglitz: Hilfsprogramm für Spanien „Voodoo-Ökonomie“

Goldener Schuss (SEGA, Sofia)

Aus dem heutigen Handelsblatt-Newsletter Finance Today:

„Voodoo-Ökonomie muss scheitern“

Nach der Entscheidung, Spaniens Banken zu stützen, währte die Freude der Investoren nur kurz. Die Sorgen um den Euro bleiben einfach zu groß, analysiert das»  Handelsblatt. Da sei „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“ gegangen, findet auch die » Welt, doch eine grundlegende Frage – die die Anleger sofort gestellt hätten – bleibe unbeantwortet: Hat Spanien tatsächlich nur ein Banken-Problem? Bei » Reuters kritisierte der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz das Hilfsprogramm als „Voodoo-Ökonomie“. Das Muster sei: „Die spanische Regierung rettet die spanischen Banken, und die spanischen Banken retten die spanische Regierung“. Das könne so nicht funktionieren. Immerhin gäbe es wenig Anlass zur Sorge, dass die Hilfe an Spanien nun weniger strikt überwacht würde als die bisherigen Komplettprogramme in Irland, Portugal und Griechenland, findet die » Börsen-Zeitung, Spanien werde „unter Aufsicht gestellt“.

Nun rückt Italien in den Fokus der besorgten Anleger. Denn dort drücken die Schulden noch stärker, meint die » Financial Times Deutschland: die Zweifel am Reformkurs Roms würden wachsen. Auch die » Süddeutsche Zeitung beobachtet eine „dramatische Bruchlandung für die kränkelnde Industrie“ in Italien und einen herben Rückschlag für die gesamte Konjunktur. Nun wachse die Sorge, dass der Stiefel der nächste Kandidat für den Rettungsschirm werden könnte. Und die Griechen witterten jetzt Morgenluft, beobachtet der » Spiegel. Weil Spanien nicht unter den Rettungsschirm schlüpfen muss, sondern lediglich Finanzhilfen für seine Banken beantragen kann, forderten Hellas Politiker jetzt neue Verhandlungen für das eigene Milliardenpaket.

Posthume Ansichten

André Kostolany ist zwar verstorben, hätte laut » Handelsblatt aber gewiss eine Meinung zur Spanienkrise. In einem fiktiven Gespräch meint die Investorenlegende auf die Frage nach plötzlichen Staatspleiten in der Euro-Zone: „Nichts würde geschehen“. Im übrigen sei „das Wort ‚plötzlich‘, gelinde gesagt, leicht unpassend“. Viele Länder seien seit Jahren zahlungsunfähig und sie würden ihre Zahlungen aus dem einfachen Grunde nicht einstellen, weil die Gläubigerländer immer neue Kredite gewährten, damit sie die Zinsen bedienen.

Siehe auch:
  • Deutsche Wirtschaft bereitet sich auf Euro-Crash vor– Welt, 09.06.2012
    • „Notfallpläne für einen griechischen Euro-Austritt sind in deutschen Firmen gefragt wie nie. Viele ziehen vorsorglich ihr Kapital ab, manche bereiten sich sogar auf einen Zerfall der Euro-Zone vor.“
  • Spanien-Rettung mit fatalen FolgenMalte Fischer, Wirtschaftswoche, 09.06.2012
    • „Der Rettungsschirm für Spaniens Banken beschleunigt den Weg der Euro-Zone in die Transferunion. Die Haftungssummen für Deutschland werden immer größer. Damit steigt die Gefahr, dass die Währungsunion im kollektiven Staatsbankrott oder in der Hyperinflation endet.“
  • WolkenkuckucksheimPaul Krugman(Blog), 09.06.2012
    • „Martin Wolf reports on a letter he has received from the Director General of the German Finance Ministry; taken in context with the speech just given in Riga by Germany’s man at the ECB, what we get is a terrifying picture. Basically, it seems that even as the euro approaches a critical juncture, senior German officials are living in Wolkenkuckucksheim — cloud-cuckoo land.“
  • Ausstiegsszenario: Die gigantischen Verluste bei der Rückkehr zur D-MarkJörg Eigendorf und Tobias Kaiser haben nachgerechnet – Welt, 10.06.20112
    • „Jeder zweite Deutsche will inzwischen die D-Mark zurück. „Welt Online“ hat einen Euro-Ausstieg der Bundesrepublik durchgespielt. Die Konsequenzen für Staat, Bürger und Unternehmen sind erschreckend.“
  • Das Endspiel um den Euro hat gerade erst begonnenHerbert Rude, Wall Street Journal Deutschland, 10.06.2012
    • „Nach Meinung des renommierten Hedge-Fonds-Investors George Soros hat die Politik noch drei Monate, um die Probleme der Euro-Zone zu lösen. Dann werde sich die wirtschaftliche Situation auch in Deutschland so stark eintrüben, dass die deutsche Bevölkerung nicht mehr zu einer stärkeren Beteiligung an den Sanierungskosten zu bewegen sei, warnt Soros.“
  • Spain and the euro crisis: when €100bn doesn’t fix much– The Guardian, 10.06.2012
    • „Whatever Mariano Rajoy or the IMF might say, the deal that was announced on Saturday evening settles very little.“
  • Another Bank Bailout– Paul Krugman – New York Times, 10.06.2012
    • „Whatever the deep roots of this paralysis, it’s becoming increasingly clear that it will take utter catastrophe to get any real policy action that goes beyond bank bailouts. But don’t despair: at the rate things are going, especially in Europe, utter catastrophe may be just around the corner.“
    • Deutsche Übersetzung – Der Standard, 12.06.2012
  • Euro zone discussed capital controls if Greek exits euro: sources– Reuters, 11.06.2012
    • „European finance officials have discussed limiting the size of withdrawals from ATM machines, imposing border checks and introducing euro zone capital controls as a worst-case scenario should Athens decide to leave the euro.“

Die Welt rüstet sich für den Euro-Kollaps

So lautet die Überschrift des heutigen Handelsblatt-Newsletters Finance Today.

Rund um den Globus scheinen sich die Entscheider für den Zusammenbruch der Eurozone zu wappnen: Angesichts der schlechten Aussichten für die Weltwirtschaft und der Verschärfung der Eurokrise erschien es Chinas Notenbank geboten, erstmals nach vier Jahren den Leitzins zu senken, meint der » Spiegel. Runter gings um einen Viertelpunkt auf 6,31 Prozent. Die Aktienmärkte hätten erleichtert auf den Konjunkturimpuls reagiert. Die anhaltende Schuldenkrise erschütterte auch das Vertrauen des chinesischen Staatsfonds CIC in Europa. Der Fonds mit einem Vermögen von 410 Milliarden Dollar fürchte laut » Handelsblatt, dass die Währungsunion auseinanderbricht.

Sorgen auch in USA: Ben Bernanke verwies auf die Risiken der Krise in Europa für die Exportwirtschaft der USA und stellte den Märkten laut » Handelsblatt erneute geldpolitische Unterstützung in Aussicht. „Die Federal Reserve steht weiterhin bereit, tätig zu werden, um das US-Finanzsystem und die Wirtschaft zu schützen“, sagte der Chef der Fed in Washington. Konkreter wurde er allerdings nicht. Obwohl Bernanke damit drohe, die Welt erneut mit Dollar zu überschwemmen, sei die Nachfrage nach dem Greenback nicht gesunken, meint das » Wall Street Journal. Offenbar sei der Dollar noch die beste unter lauter miesen Währungen. Wegen der Eurokrise stemme sich auch die Schweiz „zunehmend verzweifelt“ gegen eine Aufwertung des Franken, beobachtet das » Wall Street Journal Deutschland. Die verstärkte Flucht der Investoren in den „sicheren Hafen“ könnte auch bedeuten, dass die Schweiz in nächster Zeit tatsächlich Kapitalverkehrskontrollen einführe. Sogar das zentralasiatische Land Kasachstan wolle weg vom Euro, schreibt die » Financial Times Deutschland. Deshalb habe es Verträge über den Kauf von 22 Tonnen Gold geschlossen.

Widersprüchliche Botschaften

Spaniens angeschlagene Banken benötigen nach Einschätzung des IWF mindestens 40 Milliarden Euro zusätzliches Kapital. Das sei laut » Reuters aus Finanzkreisen zu hören. Zudem hat die Ratingagentur Fitch das Langfristrating des Landes gleich um drei Stufen von A auf BBB nach unten genommen, meldet das»  Wall Street Journal Deutschland. Der Ausblick wurde auf „negativ“ gesetzt, das heiße, es drohe eine weitere Herabstufung. Doch laut » FTD sei es Spanien dennoch gelungen, am Kapitalmarkt 2,1 Milliarden Euro aufzunehmen, es gäbe „keine Spur davon, das Land sei vom Markt abgeschnitten, wie es jüngst der Finanzminister behauptete“. Die Rendite der zehnjährigen Papiere habe mit 6,044 Prozent allerdings über der Marke von sechs Prozent gelegen, die nach einer Faustformel für das Land langfristig kritisch wäre.

Würde und Hoffnung

Alexis Tsipras, der radikale Linke Griechenlands, hat laut » Handelsblatt gute Chancen, die Schicksalswahl am 17. Juni zu gewinnen. Für diesen Fall verspricht er ein „Programm der Würde und der Hoffnung“. Falls er an die Regierung kommt, wolle er den Sparkurs beenden, die Kreditverträge mit der EU aufkündigen und die Privatisierungen einfrieren – was Griechenland aus der Euro-Zone katapultieren würde.

Paul Krugman im Streitgespräch

Will man zwei Betonköpfe mit derart starren, ideologisch abgestützten Ansichten vom Gegenteil überzeugen, kann auch ein Nobelpreisträger die stichhaltigsten Argumente vorbringen und mit Menschen- und mit Engelszungen reden – es bleibt vergebliche Liebesmüh‘. Das Unangenehme: Merkel, Schäuble und Co. sind bei diesem Thema vermutlich ähnlich borniert.

Dagegen liegen Paul Krugman und Ex-IWF-Chefvolkswirt Kenneth Rogoff gar nicht so weit auseinander:

Ahnungslos in die Euro-Dämmerung?

Die Eurokrise spitzt sich einmal mehr unübersehbar zu. Einige Hinweise auf einschlägige aktuelle Analysen und Kommentare:

  • The Urge to PunishPaul Krugman(Blog) – New York Times, 06.06.2012
    • „I’ve been hearing various attempts to explain the ECB’s utterly bizarre refusal to cut interest rates despite soaring unemployment, sliding inflation, and on top of all that the special problems of a monetary union that probably can’t survive unless overall demand is strong. The most popular story seems to be that the ECB wants to “hold politicians’ feet to the fire”, letting them know that they won’t get relief unless they do what’s necessary (whatever that is). This really doesn’t make any sense. (…) What does make sense, maybe, is a two-part explanation. First, the ECB is unwilling to admit that its past policy, especially its past rate hikes, were a mistake. Second — and this goes deeper — I suspect that we’re seeing the old Schumpeter “work of depressions” mentality, the notion that all the suffering going on somehow serves a necessary purpose and that it would be wrong to mitigate that suffering even slightly. This doctrine has an undeniable emotional appeal to people who are themselves comfortable. It’s also completely crazy given everything we’ve learned about economics these past 80 years. But these are times of madness, dressed in good suits.“
  • Doing Their Best to Destroy EuropePaul Krugman(Blog) – New York Times, 06.06.2012
    • „I don’t think there’s any conceivable economic logic for the ECB’s decision (not to cut rates. MW) It can only, I think, be understood as some kind of refusal to admit, even implicitly, that past decisions were wrong. Like Martin Wolf, I’m starting to see how the 1930s happened.“
  • Ahnungslos in die Euro-Dämmerung – Augenöffnender Kommentar von Wolfgang Münchau– Spiegel Online, 06.06.2012
    • „Die meisten Bürger ahnen es noch nicht, doch das Endspiel um den Euro hat begonnen: Entweder Europas Regierungen schaffen noch schnell eine politische Union oder die Währungsgemeinschaft zerbricht. Egal, für welchen Weg sie sich entscheiden – für eine billige Lösung ist es wahrscheinlich längst zu spät.“
  • Appell an Merkel: Obama und Cameron fordern Euro-Blitzrettung– Spiegel Online, 06.06.2012
    • „Es ist eine deutliche Mahnung an Angela Merkel: US-Präsident Obama und der britische Premier Cameron drängen auf einen Sofortplan für die Euro-Rettung. Am Donnerstag will Cameron eigene Vorschläge in Berlin präsentieren – und die Kanzlerin von Euro-Bonds überzeugen.“
  • Spaniens Krise trifft nicht mehr nur die Banken– FAZ, 06.06.2012
    • „Im Ringen um die Rettung Spaniens zeichnet sich noch kein Kompromiss ab. Neben dem Rettungsfonds erwägt die EU offenbar Alternativen. Neue Konjunkturdaten zeigen unterdessen: Die Krise hat in Spanien längst nicht nur die Banken erfasst.“
  • Vier Wege aus der Euro-Krise: Von Bankenunion bis Griechen-Exit – Christian Teevs und Nicolai Kwasniewskiüber vier verschiedene Lösungsszenarien der Eurokrise – Spiegel Online, 05.06.2012
    • „Spanien bekommt seine Bankenkrise nicht in den Griff, europaweit wachsen die Schulden, die Aktienkurse sacken ab. Laut US-Großinvestor Soros bleiben für die Euro-Rettung nur noch drei Monate Zeit – danach drohe eine Katastrophe. Aber welchen Ausweg gibt es? Vier konkrete Lösungen.“
  • Panic has become all too rational – Kommentar von Martin Wolf– Financial Times, 05.06.2012
    • „Before now, I had never really understood how the 1930s could happen. Now I do. All one needs are fragile economies, a rigid monetary regime, intense debate over what must be done, widespread belief that suffering is good, myopic politicians, an inability to co-operate and failure to stay ahead of events. Perhaps the panic will vanish. But investors who are buying bonds at current rates are indicating a deep aversion to the downside risks. Policy makers must eliminate this panic, not stoke it. In the eurozone, they are failing to do so. If those with good credit refuse to support those under pressure, when the latter cannot save themselves, the system will surely perish. Nobody knows what damage this would do to the world economy. But who wants to find out?“
  • How to save Spain– The Economist, 02.06.2012
    • „The focus should be on fixing the banks, not on cutting the deficit“
  • Remarks at the Festival of Economics, Trento ItalyViel beachtete Rede von George Soros anlässlich eines Ökonomie-Kongresses in Trento (Italien) – 02.06.2012
  • The Austerity AgendaPaul KrugmanNew York Times, 31.05.2012
    • „The big question here is whether the evident failure of austerity to produce an economic recovery will lead to a “Plan B.” Maybe. But my guess is that even if such a plan is announced, it won’t amount to much. For economic recovery was never the point; the drive for austerity was about using the crisis, not solving it. And it still is.“
  • The End Of The Euro: A Survivor’s GuideBy Peter Boone and Simon Johnson – The Baseline Scenario, 28.05.2012
    • „In every economic crisis there comes a moment of clarity.  In Europe soon, millions of people will wake up to realize that the euro-as-we-know-it is gone.  Economic chaos awaits them. To understand why, first strip away your illusions.  Europe’s crisis to date is a series of supposedly “decisive” turning points that each turned out to be just another step down a steep hill.“

Quilliam Foundation drängt auf internationale Intervention in Syrien

Die in Großbritannien ansässige Quilliam Foundation, ein islamischer Think Tank, der gegen Extremismus und Islamismus gerichtet ist, fordert die internationale Gemeinschaft auf, ihre Schutzverantwortung für die syrische Bevölkerung nach Maßgabe der UN-Doktrin „Responsibility to Protect“ wahrzunehmen und in Syrien militärisch zu intervenieren.

Quilliam Urges Action on Syria Crisis
6 June 2012

Since the Syrian people joined the Arab Uprisings almost 15 months ago, more than 54 000 of them have been made refugees in Turkey, Lebanon and Jordan; a total of 15 600 have been killed, of which 1162 are children, 1085 are women and 1293 are soldiers; 212 000 protestors are currently incarcerated, 621 of whom have been killed through torture; and over 65 000 people are missing.

The Syrian regime is wholly responsible for these atrocities. President Bashar Assad has shown absolutely no interest in Kofi Annan’s UN -led mission. Assad has launched a military campaign against his own people, behind the smokescreen of claims that he is fighting Al-Qaeda and armed terrorist groups. Such statements are reminiscent of the final days of the Gaddafi regime.

Maajid Nawaz, Chairman and Co-Founder of Quilliam, says:

“Events in Syria are fast resembling Balkan style massacres, with all the long-term implications this brings. After the Houla massacre, the world must do all it can to end the violence before an entire Syrian generation is raised with nothing but disdain for the international community.”

Until now the international community has heavily depended on Kofi Annan’s plan for Syria, but Russia and China’s refusal to support this plan has rendered it worthless, thus allowing the Assad regime to disrespect the plan entirely. Though we acknowledge the regional tensions, especially those involving Iran, there is a moral and strategic responsibility to prevent both civil and regional war.

Noman Benotman, Senior Analyst in Strategic Communications at Quilliam, says:

„The international community must intervene immediately in the escalating civil war in Syria. We have a duty to protect innocent civilians from mindless state-sponsored violence. The Responsibility to Protect doctrine provides an adequate framework for such an intervention and action is needed now. Past experience in Bosnia proves that a lack of will by international actors will lead to further mass killings.“

We at Quilliam believe the international community should begin considering optimal policies to address the Syrian crisis. We support Saudi Arabia’s efforts at the UN to establish a buffer-zone in Syria to protect the country’s population. We encourage further diplomatic, economic and any legal military efforts to remove the current Syrian leadership from power.