Donald Trump: Herzinfarkt in Jerusalem… (Satire!)

Bei einem Besuch in Jerusalem erleidet Donald Trump einen Herzinfarkt und stirbt. Der Bestatter erklärt den begleitenden US-Diplomaten: „Sie können ihn für 50.000 Dollar nach Hause überführen lassen, oder Sie lassen ihn für 100 Dollar gleich hier im Heiligen Land begraben.“
Die amerikanischen Diplomaten gehen in eine Ecke und diskutieren. Schließlich entscheiden sie, Trump soll nach Hause geschickt werden.
Der Bestatter fragt verwundert: „Warum wollen Sie 50.000 Dollar ausgeben, um ihn nach Hause zu schicken, wenn wir ihn hier wunderbar für nur 100 Dollar begraben könnten?“
Darauf die Diplomaten: „Vor langer Zeit ist hier auch ein Mann gestorben und begraben worden. Drei Tage später ist er von den Toten wieder auferstanden. Das können wir auf keinen Fall riskieren!“

US-Präsident Trump: angezählt und angeschlagen

Nahezu ein Jahr nach seinem Amtsantritt ist Donald Trump politisch angezählt. Seine Zustimmungsrate („approval rating“) in der Bevölkerung liegt derzeit unter 40 Prozent und somit niedriger als bei allen anderen Präsidenten am Ende des ersten Jahres ihrer Präsidentschaft seit Anfang der 1950er Jahre. presidential_approval_december

Zudem wird immer offenkundiger, dass die mentale Gesundheit des US-Präsidenten schwer angeschlagen ist. Während bis vor kurzem vorwiegend Fragen des Ausmaßes und der Krankheitswertigkeit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung Trumps diskutiert wurden, werden in letzter Zeit zunehmend auch neurologische Beeinträchtigungen erkennbar, die auf ein frühes Stadium einer Demenz beim US-Präsidenten hindeuten.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte das renommierte New York Magazine einen detaillierten Bericht über die gegenwärtige mentale Verfassung Donald Trumps. Höchst anschaulich wird dem Leser dessen eingeschränkte Funktionsfähigkeit in seinem Arbeitsalltag vor Augen geführt. Seine Mitarbeiter sind offenbar bemüht, den Präsidenten angesichts seiner gefürchteten Impulsivität so gut es geht zu führen und „in Schach zu halten“. Vollkommen grotesk erscheint, dass – wie der Autor schreibt – „ein pathologischer Narzisst mit Demenz im Anfangsstadium (…), der nur peripheren Kontakt mit der Realität hat“, über die alleinige Kommandogewalt über das Atomwaffenarsenal der Vereinigten Staaten verfügt. Genauer ist dies eine hochgefährliche Situation. 

Lesen Sie den Artikel „The President Is Mentally Unwell — and Everyone Around Him Knows It“ von Eric Levitz, erschienen am 4. Januar 2018 in der „Daily Intelligencer“-Rubrik des New York Magazine nachstehend in deutscher Übersetzung. (Übersetzung und Hervorhebungen von mir. MW)

Der Präsident ist psychisch krank – und jeder in seiner Umgebung weiß es

Von Eric Levitz

Bis vor kurzem konzentrierte sich die Debatte über die psychische Gesundheit unseres Präsidenten auf Fragestellungen aus dem Bereich der Psychopathologie: Summieren sich Donald Trumps auffälliger Narzissmus, seine Genusssucht und seine Selbsttäuschungen zu einer malignen Persönlichkeit oder zu einer malignen Persönlichkeitsstörung?

Eine große Zahl psychiatrischer Experten sagt das Letztere. Einige ihrer Kollegen – und eine große Anzahl von Laien – haben darauf bestanden, dass die Angelegenheit nur von einem Psychiater entschieden werden kann, der den Präsidenten persönlich untersucht und diagnostiziert hat. Dieses Argument habe ich immer als töricht empfunden.

Es gibt keinen diagnostischen Bluttest oder Gehirn-Scan für eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung; es gibt nur eine Liste beobachtbarer Merkmale. Ein Psychiater untersucht einfach die Denkweisen und Verhaltensmuster eines Patienten und beurteilt, ob sie der Checkliste der Symptome einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung entsprechen. Es ist absurd zu glauben, ein Psychiater, der ein paar Stunden mit einem Patienten in einem Büro gesprochen hat, sei qualifiziert, diese Diagnose zu stellen, aber einer mit Zugang zu Hunderten von Interviewstunden und improvisierten Bemerkungen eines Patienten, zudem einer kleinen Bibliothek mit biographischen Informationen und Zeugnissen seiner engsten Vertrauten, sei es nicht. Das hieße, die psychiatrische Praxis zu mystifizieren. Es soll so getan werden, als gäbe es ein gewisses schamanistisches Wissen, auf das psychiatrische Experten nur zugreifen können, wenn man ihnen eine Extrazahlung gewährt.

Wenn wir beschließen, ein bestimmtes psychologisches Profil als „Störung“ zu bezeichnen, beinhaltet dies zudem immer ein Werturteil darüber, was es bedeutet, in unserer Gesellschaft in gesunder Weise zu funktionieren. Wenn die Unfähigkeit, sich auf Tests zu konzentrieren, jemanden für eine psychische Störung qualifiziert, so ist schwer zu verstehen, weshalb Trumps offensichtliche Unfähigkeit, seinen Hunger nach Bestätigung und Aufmerksamkeit grundlegenden sozialen Normen unterzuordnen, dies nicht tun würde. Wenn ein Junge aus der Mittelschule Donald Trumps geringes Maß an Impulskontrolle im Klassenzimmer zeigte, gäbe es wenig Zweifel, dass er als psychisch gestört gelten würde.

Ungeachtet dessen haben sich in den letzten Wochen Befürchtungen über die kognitiven Fähigkeiten des Oberbefehlshabers der mehr alltäglichen und objektiv bestimmbaren Frage eines neurologischen Verfalls zugewandt. Die undeutliche Sprache des Präsidenten, als er seine Entscheidung bekannt gab, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen; die außergewöhnliche Inkohärenz seines jüngsten Interviews mit der New York Times; und zunehmend erratische (und Freudsche) Tweets brachten den Frontallappen des Gehirns unseres Präsidenten in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion.

Und dann erzählte Michael Wolff uns, was er letztes Jahr beim Herumhängen im Westflügel [des Weißen Hauses] erfahren hatte. Nachdem er das Vertrauen der Administration gewonnen hatte (…), bekam der Reporter außergewöhnlich offenen Zugang zu den engsten Beratern des Präsidenten. Im Hollywood Reporter fügte er am Donnerstag dem Porträt des Geisteszustandes unseres Präsidenten einige neue Details hinzu:

„Jeder [im Weißen Haus] war sich schmerzlich der zunehmenden Geschwindigkeit seiner Wiederholungen bewusst. Noch vor einiger Zeit wiederholte er die gleichen drei Geschichten, Wort für Wort und Ausdruck für Ausdruck, innerhalb von 30 Minuten – nun innerhalb von 10 Minuten. Viele seiner Tweets waren das Produkt seiner Wiederholungen – er konnte einfach nicht aufhören, etwas wieder und wieder zu sagen.“

„… Das Beste hoffend, hinsichtlich ihrer persönlichen Zukunft und der Zukunft des Landes von dieser Hoffnung abhängig, ist mein unauslöschlicher Eindruck aus ihrer Beobachtung während der meisten Zeit des ersten Jahres seiner Präsidentschaft und aus den Gesprächen mit ihnen, dass sie alle – 100 Prozent – zu der Überzeugung gekommen sind, dass er außerstande war, seinen Job auszuführen [„incapable of functioning in his job“].“

„In Mar-a-Lago, kurz vor Neujahr, gelang es einem stark geschminkten Trump nicht, eine Reihe alter Freunde zu erkennen.“

Die einhellige Beurteilung derjenigen, die Trump aus unmittelbarer Nähe erleben, wird von Klinikern geteilt, die ihn aus der Ferne beobachten. Als Reaktion auf Trumps Tweet über die Größe und Macht seines Buttons zur Auslösung eines Atomangriffs unterschrieben am Mittwoch 100 Gesundheitsexperten folgendes Statement mit ihrem Namen:

„Wir glauben, dass er jetzt weiter außer Kontrolle gerät, in einer Art und Weise, die zu seinen angriffslustigen nuklearen Drohungen beiträgt … Wir drängen darauf, dass die Menschen um ihn herum und allgemein unsere gewählten Vertreter dringend Maßnahmen ergreifen, um sein Verhalten in Schranken zu halten und die potenzielle nukleare Katastrophe abzuwenden, die nicht nur Korea und die Vereinigten Staaten, sondern die ganze Menschheit gefährdet. „

Am Mittwoch enthüllte Politico, dass einer der Unterzeichner der Erklärung im letzten Dezember mehr als ein Dutzend Kongressmitglieder (alle Demokraten, außer einem ungenannten republikanischen Senator) über den (düsternen) Zustand von Trumps mentaler Gesundheit informiert hatte. Ungefähr zur gleichen Zeit diagnostizierte Ford Vox, ein auf Gehirnverletzungen spezialisierter Arzt, Trumps Zustand und forderte den Präsidenten in einer Stat-Kolumne auf, sich einer neurologischen Untersuchung zu unterziehen:

„Sprache ist eng mit Kognition verbunden, und die Sprachmuster des Präsidenten sind zunehmend repetitiv, fragmentiert, ohne Inhalt und eingeschränkt im Wortschatz. Trumps übermäßige Nutzung von Superlativen wie enorm, fantastisch und unglaublich sind nicht nur Elemente seines persönlichen Stils. Diese Füllwörter spiegeln eine reduzierte Wortgewandtheit wider …

„Sie nennen Orte wie Malaysia, Indonesien und Sie sagen, wie viele Menschen haben Sie? Und es ist erstaunlich, wie viele Leute sie haben. “ Der Präsident machte diese Bemerkung als Antwort auf eine Frage über den idealen Körperschaftssteuersatz, und demonstrierte damit das Ausmaß, in dem sein Denken abdriftet …

Wenn ich auf der Grundlage dessen, was ich beobachtet habe, eine Differentialdiagnose stellen sollte, würde sie „Leichte kognitive Beeinträchtigung“ lauten, auch bekannt als „Milde neurokognitive Störung“ oder Prädemenz … Das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen leichter kognitiver Beeinträchtigung und Demenz ist, ob der Verfall beginnt, wesentliche alltägliche Funktionen zu beeinträchtigen. Bei einem Milliardär, typischerweise von Assistenten umgeben und jetzt als Präsident von noch mehr Assistenten umgeben, kann es schwierig sein zu beurteilen, ob Trump seine notwendigen täglichen Aufgaben selbständig erfüllen kann.

Wolffs Berichterstattung weist nach, dass Trumps Verfall sein tägliches Funktionieren sehr stark beeinträchtigt – und somit, dass seine kognitive Beeinträchtigung wahrscheinlich in Richtung Demenz voranschreitet. Unterdessen ist Vox‘ Behauptung, dass der unzusammenhängende, von Superlativen durchdrungene Rhetorikstil des Präsidenten kein vorsätzliches Gehabe ist, sondern ein Produkt des kognitiven Niedergangs, für jedermann offensichtlich, der alte Interviews von Trump anschaut, in denen er Gelassenheit, Kohärenz und (relative) Redegewandheit zeigt, was seiner gegenwärtigen Person völlig fremd ist.

Während der meisten Zeit seiner Präsidentschaft war die Konversation über Trumps mentales Wohlbefinden und die daraus resultierende Fähigkeit, die Aufgaben seines Amtes zu erfüllen, von einer gewollten Naivität geprägt. Die Zeichen der Senilität des Präsidenten sind nicht subtil. Sein narzisstisches Selbstbewusstsein ist nicht leicht wahnhaft; seine Impulskontrolle ist nicht nur gering eingeschränkt. Im Oktober verglich ein republikanischer Senator das Weiße Haus mit einer Tagesklinik für Erwachsene; er sagte, er wisse „als Tatsache, dass jeder einzelne Tag im Weißen Haus erneut der Versuch ist, ihn in Schach zu halten“; und er beharrte darauf, die meisten seiner GOP-Kollegen würden diese Einschätzung insgeheim teilen. Wolffs Berichterstattung legt nahe, dass praktisch jeder in Trumps innerem Kreis Anzeichen für seinen geistigen Verfall erlebt hat und ihn für untauglich hält, sein Amt auszuüben.

In der Praxis haben die Liberalen dem 25. Verfassungszusatz übermäßige Aufmerksamkeit gewidmet, einer Bestimmung der Verfassung, die es erlaubtden Präsidenten seines Amtes zu entheben, wenn er körperlich oder geistig „die Befugnisse seines Amtes nicht erfüllen und den damit verbundenen Pflichten nicht nachkommen kann“ (im Unterschied zu einem Schuldspruch wegen Straftaten).

Obwohl oberflächlich betrachtet attraktiv, bringt uns die Lösung „25. Verfassungszusatz“ nicht wirklich über die Hürde, die eine Amtsenthebung blockiert: Die Republikaner im Kongress wollen Trump nicht aus dem Amt entfernen. Ein engagierter Kongress hätte keine Schwierigkeiten, einen glaubhaften Vorwand zu finden, diesen Präsidenten anzuklagen. Sie wollen es einfach nicht. Und der 25. Zusatzartikel würde erfordern, dass zwei Drittel des Kongresses dafür stimmen würden, Trump aus Gründen fehlender Tauglichkeit aus dem Amt zu entfernen – nachdem eine Mehrheit seiner handverlesenen Kabinettsmitglieder öffentlich ihren Wunsch geäussert hat, so zu verfahren. Angesichts des derzeitigen politischen Klimas ist es eine wahnhafte Vorstellung, dass dies ein plausibles Szenario ist.

Und doch ist die Fixierung der Progressiven auf den 25. Verfassungszusatz weit weniger verblendet als die Rationalisierungen, die die Republikaner davon abhalten, sich darauf zu berufen. Nach allem, was man hört, erkennen die meisten Republikaner im Kongress an, dass Donald Trump ein pathologischer Narzisst mit Demenz im Anfangsstadium ist, der nur peripheren Kontakt mit der Realität hat – und trotz allem haben sie sich entschieden, ihm die alleinige Kommandogewalt über das größte Atomwaffenarsenal auf der Erde zu überlassen, weil es politisch und persönlich unbequem wäre, seinen Finger von diesem Knopf zu entfernen.

Man braucht keinen Abschluss in Psychiatrie, um das verrückt zu nennen.

Außerdem:
  • Ist Trumps Narzissmus gefährlich? – Interview mit dem Psychiater Professor Claas-Hinrich Lammers – Wissenschaftsmagazin „Spektrum“, 05.01.2017
    • „Frohes neues Jahr im Weißen Haus! Erst frotzelte der US-Präsident auf Twitter, er habe einen viel größeren Atomknopf als Diktator Kim Jong Un, dann ließ er in einem offiziellen Statement verlauten, sein im Sommer entlassener Chefstratege Steve Bannon habe nicht nur den Job verloren, sondern obendrein noch den Verstand. Was besagen solche Äußerungen über die Persönlichkeit des mächtigsten Mannes der Welt – und müssen wir uns vor seiner narzisstischen, impulsiven Veranlagung fürchten?“
  • The Psychiatrist Telling Congress Trump Could Be Involuntarily Committed – Elaine Godfrey – The Atlantic, 12.01.2018
    • A Yale professor says she’s telling lawmakers that the president may actually be “dangerous.”
  • Trumps Mitarbeiter versuchen, „das Land vor ihm zu beschützen“ – Zeit Online, 10.01.2018
    • „Im Gespräch mit der ZEIT berichtet Michael Wolff von seinen Recherchen im Weißen Haus. Trumps Anwälte hatten versucht, die Publikation von „Fire and Fury“ zu verhindern.“
  • So verrückt wie eh und je –  Yascha Mounk – Zeit Online, 09.01.2018
    • „Der Plan, Trump wegen seines vermeintlichen mentalen Verfalls aus dem Amt zu jagen, wird kaum aufgehen. Er birgt mehr Risiken als Chancen für die Demokratie.“
  • Das Weiße IrrenhausJakob Augstein – Spiegel Online, 08.01.2018
    • „Das Skandalbuch „Fire and Fury“ bestärkt den Verdacht: Donald Trump ist auf dem Weg in die Demenz. Amerika muss ihn loswerden.“
  • The Increasing Unfitness of Donald TrumpDavid Remnick – The New Yorker, 06.01.2018
    • „The West Wing has come to resemble the dankest realms of Twitter, in which everyone is racked with paranoia and everyone despises everyone else.“
    • „Chaotic, corrupt, incurious, infantile, grandiose, and obsessed with gaudy real estate, Donald Trump is of a Neronic temperament. He has always craved attention. Now the whole world is his audience. In earlier times, Trump cultivated, among others, the proprietors and editors of the New York tabloids, Fox News, TMZ, and the National Enquirer. Now Twitter is his principal outlet, with no mediation necessary.“
    • „In the meantime, there is little doubt about who Donald Trump is, the harm he has done already, and the greater harm he threatens. He is unfit to hold any public office, much less the highest in the land. This is not merely an orthodoxy of the opposition; his panicked courtiers have been leaking word of it from his first weeks in office. The President of the United States has become a leading security threat to the United States.“
  • Incoherent, authoritarian, uninformed: Trump’s New York Times interview is a scary readEzra Klein – Vox, 29.12.2017
    • „The president of the United States is not well.“

„USA Today“: Beißender Leitartikel zu Trumps Verhalten

In den Vereinigten Staaten hat ein ungewöhnlich scharfer gegen Präsident Trump gerichteter Leitartikel der Herausgeber von „USA Today“, einer der auflagenstärksten Tageszeitungen der USA, großes Aufsehen erregt.

USA Today erreicht täglich ca. 7 Millionen Leser und ist – im Unterschied zu eher „liberalen“ Blättern wie New York Times oder Washington Post – normalerweise für absolute politische Neutralität bekannt. Daher traute man seinen Augen kaum, als in der Ausgabe vom 12. Dezember 2017 in einem Editorial des Herausgeberteams zu lesen war, der Präsident sei nicht einmal geeignet, „in Obamas Bibliothek die Toiletten zu putzen oder George W. Bush die Schuhe zu polieren“.

Der Grund, weshalb die acht Mitglieder des „Editorial Boards“ der Zeitung jegliche Zurückhaltung aufgegeben hatten, war eine Äußerung Trumps in einer seiner berüchtigten Twitter-Botschaften am gleichen Tage. Die demokratische Senatorin Kirsten Gillibrand (New York) habe, als er noch Geschäftsmann war, in seinem Büro um finanzielle Beiträge für ihre Wahlkampagne „gebettelt“ und „hätte alles dafür getan“, sie zu bekommen.

Die Herausgeber von USA Today verstanden dies – vermutlich zurecht – als klare Andeutung des Präsidenten, die Senatorin würde als Gegenleistung für Wahlkampfspenden auch „sexuelle Gefälligkeiten“ gewähren. Sie fragten sich in der Überschrift zu ihrem „Editorial“, ob Trumps Tiefpunkte wohl jemals eine Talsohle erreichen würden, vermuteten indes, er werde wohl immer einen noch tieferen Punkt finden.

Ihr Fazit: „Ein Präsident, der eine Senatorin praktisch als Hure bezeichnet, eignet sich nicht einmal, in Obamas Präsidentenbibliothek die Toiletten zu putzen oder George W. Bush die Schuhe zu polieren“. 

Trump vergieße „bewusst das Benzin sexistischer Sprache“ und entzünde es schadenfroh, wohl wissend, dass es „in einem Land, das gerade in einem MeToo – Moment taumelt, in Flammen aufgehen wird“.

Es gehe nicht um Unterschiede in den politischen Vorstellungen, die mit allen Präsidenten bestehen würden, oder um die Enttäuschung über manche ihrer Entscheidungen. Auch Obama und Bush hätten Versprechen gebrochen und Unwahrheiten verkündet, aber an ihrer grundlegenden Anständigkeit habe es nie einen Zweifel gegeben.

Donald Trump hingegen sei „ein einzigartig grässlicher Mann“ („uniquely awful“). Sein abscheuliches Verhalten wirke zersetzend auf die Führung des Landes, deren Fundament gemeinsame Werte und das Einverständnis der Regierten seien.

Die Nation suche und erwarte keine perfekten Präsidenten, und einige von ihnen seien gewiss mit schwerwiegenden Mängeln behaftet gewesen. „Aber ein Präsident, der eine derartige Nichtachtung für Wahrheit, für Ethik, für die grundlegenden Verpflichtungen seines Jobs und für Anstand gegenüber anderen zeigt, versagt beim Kern dessen, was Amerika immer großartig gemacht hat.“  

(mehr …)

König Donalds Wahnsinn

„Though this be madness, yet there is method in’t.“ („Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode“), lässt Shakespeare den Oberkämmerer Polonius sagen, als dieser den Hintersinn im Verhalten des scheinbar verwirrten Hamlet erkennt. Denn Hamlets Wahnsinn ist nur vorgetäuscht, eine wohlerwogene List.

Je nach politischer Einstellung  könnte man sich nun wünschen oder aber befürchten, es gäbe bei Donald Trump ebenfalls irgendeinen wohlerwogenen Hintersinn, eine verborgene, aber immerhin rational durchdachte Strategie. Aber Fehlanzeige – da ist nichts. Der Mann ist einfach nur genau der inkompetente, dilettantische, substanz- und niveaulose Phrasendrescher, als der er den meisten Menschen erscheint.

Weitaus gefährlicher sind indes Eigenschaften Trumps aus dem Bereich der Psychopathologie: die Folgen seiner gravierenden narzisstischen und paranoiden Persönlichkeitsstörung.

Unter dem Titel „The Madness of King Donald“ veröffentlichte Elizabeth Drew, eine angesehene amerikanische Journalistin und Buchautorin, am 4. Dezember 2017 in dem führenden, in mehrere Sprachen übersetzten Meinungs- und Kommentarportal „Project Syndicate“ ein Porträt über das Verhalten Donald Trumps in den letzten Tagen und Wochen, in dem sie eine besorgniserregende Zuspitzung seiner psychischen und geistigen Defizite konstatiert, über die auch amerikanische Medien bereits berichtet hatten.

Die mitgeteilten Beobachtungen dürften nicht nur psychiatrische Experten alarmieren. Daher nachfolgend Ausschnitte daraus (Übersetzung aus dem Englischen: Eva Göllner).

In den letzten Tagen hat sich Präsident Donald Trump bizarrer verhalten als je zuvor, und die selten ausgesprochene Frage, die sich Politiker und Bürger gleichermaßen stellen, ist: Was kann man mit diesem Mann tun? Können es sich die Vereinigten Staaten wirklich leisten zu warten, bis Sonderermittler Robert Mueller seine Untersuchungen abschließt (angenommen, er beweist, dass der Präsident sich etwas hat zuschulden kommen lassen)? Das kann noch dauern.

Die Zeitfrage wird immer dringender angesichts der erhöhten Gefahr, dass die USA absichtlich oder unabsichtlich ein einen Krieg mit Nordkorea geraten. Dieses Risiko in Verbindung mit Trumps zunehmend eigenartigem Verhalten macht Washington nervöser, als ich es jemals zuvor gesehen habe, einschließlich der dunklen Tage von Watergate. Um es beim Namen zu nennen: es herrscht die Sorge, dass ein geistig umnachteter Präsident die USA in einen Atomkrieg führt.

Allein in der vergangenen Woche häuften sich die Beweise für Trumps Instabilität. Bei einer Zeremonie zu Ehren von Navajo-Veteranen des Zweiten Weltkriegs beleidigte er die Kriegshelden mit einem rassistischen Kommentar. Er brach einen beispiellosen und unnötigen Streit mit der Premierministerin von Großbritannien vom Zaun, eigentlich Amerikas engste Verbündete, indem er die anti-muslimischen Posts einer neofaschistischen britischen Gruppe via Twitter teilte. Mit der Absicht, die Stimme einer demokratischen Senatorin für seine bevorstehende Steuerreform zu gewinnen, ist er in ihren Bundesstaat gereist und hat Lügen über sie verbreitet (obwohl die Steuerreform das reichste eine Prozent der Amerikaner begünstigt, weshalb kein demokratischer Senator zugestimmt hat). Und er provoziert weiterhin den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-Un, der ähnlich labil zu sein scheint.

Gleichzeitig veröffentlichten sowohl die Washington Post als auch die New York Times Artikel mit verstörenden Berichten über das private Verhalten des Präsidenten. Trump hat angeblich ihm nahe stehenden Personen gegenüber behauptet, die berüchtigte „Access Hollywood”-Aufnahme von ihm, auf der man hört, wie er mit sexueller Belästigung prahlt, sei ein Betrug – obwohl er nach der Veröffentlichung der Aufnahmen durch die Washington Post in den letzten Wochen des Wahlkampfes deren Authentizität bereits zugegeben und sich entschuldigt hatte.

Trump hat auch seine verlogene Behauptung, Barack Obama sei nicht in den USA geboren, wiederaufgenommen, die freie Erfindung, mit der seine politische Karriere begann, und die er unter dem Druck seiner Berater kurz vor der Wahl zurücknahm. Dann schrieb er in einem Tweet, er habe einen Vorschlag des Time Magazins, ihn zur „Persönlichkeit des Jahres” zu ernennen, zurückgewiesen, weil der nicht definitiv gewesen sei. (Trump legt großen Wert darauf, auf dem Cover von Time zu erscheinen). Ein Sprecher von Time gab jedoch an, es sei nichts dergleichen vorgefallen.

Die Tatsache, dass Trump eine psychische Störung zu haben scheint, treibt Psychiater, Politiker und Journalisten gleichermaßen um. Einer Regel der amerikanischen psychiatrischen Vereinigung zufolge dürfen ihre Mitglieder keine Ferndiagnosen erstellen. Aber angesichts einer Situation, die für einige Psychiater eine nationale Notsituation darstellt, haben viele diese Regel gebrochen und öffentlich über ihre professionelle Bewertung seines geistigen Zustands gesprochen oder geschrieben.

Weitgehend akzeptiert ist, dass er an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, die viel ernster ist als einfach ein Narzisst zu sein. Laut der Mayo Clinic handelt es sich bei Störungen dieser Art um „einen mentalen Zustand, bei welchem die Betroffenen eine übertriebene Meinung von ihrer eigenen Bedeutung, ein tiefes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bewunderung, ein gestörtes Verhältnis zu anderen und fehlende Empathie haben.” Zudem „liegt hinter dieser Maske extremen Selbstvertrauens ein schwaches Selbstbewusstsein, das durch Kritik leicht verwundbar ist.” Diese Definition stimmt nur allzu genau mit Eigenschaften überein, die Trump regelmäßig zeigt.

Eine andere Ansicht, die verschiedene Ärzte teilen, und die auf dem Vergleich von Interviews beruht, die Trump in den späten 1980ern und heute gegeben hat, ist, dass der Präsident, der heute mit einem viel beschränkterem Vokabular und viel weniger flüssig spricht, an den Anfängen einer Demenz leidet. Nach der hoch respektierten medizinischen Referenz UpToDate, einem Abonnementservice für Ärzte, gehören zu den Symptomen einer Demenz Unruhe, Aggressivität, Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Apathie und Enthemmung.

Zahlreiche republikanische Kongressmitglieder sind zutiefst besorgt über Trumps Unfähigkeit, mit der Präsidentschaft umzugehen – einem enorm anspruchsvollen Job. Man erzählt sich, Außenminister Rex Tillerson, der bald abgesetzt werden soll, habe Trump einen Idioten („moron“) genannt.

Trumps verstärktes fehlerhaftes Verhalten in den letzten Tagen wurde seiner wachsenden Sorge über die Ermittlungen von Mueller zugeschrieben, der eine mögliche Absprache von Trump und seiner Kampagne mit Russland untersucht. (…) Dies zunehmend bizarre Verhalten begann indes noch vor der Nachricht am 1. Dezember, dass Trumps erster nationaler Sicherheitsberater und vertrauter Wahlkampfberater, der ehemalige General Michael Flynn, mit dem FBI kooperieren will.

Außerdem:
  • Trump’s Way – Inside Trump’s Hour-By-Hour Battle For Self-PreservationMaggie Haberman, Glenn Thrush and Peter Baker – New York Times, 09.12.2017
    • „With Twitter as his Excalibur, the president takes on his doubters, powered by long spells of cable news and a dozen Diet Cokes. But if Mr. Trump has yet to bend the presidency to his will, he is at least wrestling it to a draw.“
  • Deutsche Psychiater rechtfertigen Ferndiagnose: „Ich halte Trump für gefährlich“ – Focus, 01.11.2017
    • „Sabine Herpertz, Direktorin der Psychiatrie am Universitätsklinikum Heidelberg sagt gegenüber der „Zeit“, dass sie sich normalerweise nicht zu öffentlichen Personen äußere: „Aber in dem Fall habe ich eine Verantwortung, auch als Wissenschaftlerin.“ Die Psychiatrieprofessorin sagt weiter wörtlich: Ich halte Trump für gefährlich. Deswegen kann ich mich meinen amerikanischen Kollegen nur anschließen.“ Zur Frage, ob die psychiatrische Ferndiagnose „krankhafter Narzissmus“ legitim sei, sagt Herpertz: „Trump ist ja ein sehr exponierter Mensch, der viel von sich zeigt. Das macht eine Ferndiagnose leichter, zumal das Bild, das er von sich entwirft, sehr einheitlich ist.““
    • „Claas-Hinrich Lammers, Chefpsychiater an der Hamburger Asklepios Klinik Nord-Ochsenzoll, meint dazu: „Die Kriterien sind extra so definiert, dass die Diagnose aus ganz klar beobachtbaren Phänomenen gestellt werden kann. Deswegen ist es auch gut möglich, die narzisstische Persönlichkeitsstörung aus der Distanz zu diagnostizieren.“ Trump erfülle alle Kriterien „in einer solchen Prägnanz und Deutlichkeit, dass es schon faszinierend ist“.“
  • „Ist Trump böse, verrückt oder beides?“ – Rolf Maag – 20minuten (Schweiz), 16.12.2017
    • „27 Psychiater und Psychologen finden, US-Präsident Donald Trump müsse seines Amtes enthoben werden.“

„Trump und die Kunst der irrationalen Provokation“

Original_New_Yorker_cover first editionAm 4. Oktober 2017 erschien in der Online-Ausgabe des traditions- und einflussreichen US-amerikanischen Magazins „The New Yorker“ ein  eindrucksvoller Kommentar des ehemaligen Chefredakteurs der Zeitschrift, Jeffrey Frank, über den grundlegenden Unterschied der politischen Denkweisen und Kommunikationsstile Donald Trumps im Vergleich zu früheren amerikanischen Präsidenten, sowie über die gravierenden Negativentwicklungen und Gefahren, die Trumps Politikstil mit sich bringt. Diesen aus meiner Sicht sehr lesenswerten Beitrag habe ich für den „Denkraum“ übersetzt.

Trump und die Kunst der irrationalen Provokation

Einige Tage nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima sinnierte ein Redakteur der Herald Tribune in einem Leitartikel über die „noch kaum zu glaubende Tatsache“, dass ein „kleines Gerät“, auf eine „dicht bevölkerte Stadt“ abgeworfen, „das zweifellos größte in einem einzigen Augenblick vollzogene Massaker in der ganzen Menschheitsgeschichte“ bewirkt hatte. Von dieser Atombombe und drei Tage später noch einer zweiten auf Nagasaki wurden mehr als hunderttausend Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Ein dritter Bombenabwurf war bereits vorbereitet, wurde aber von Präsident Harry Truman abgesagt. Der frühere Vizepräsident Henry Wallace, damals Handelsminister, erinnerte sich später, dass Truman ihm gesagt hatte, „der Gedanke, weitere hunderttausend Menschen auszulöschen, sei einfach zu grauenvoll. Die Vorstellung, ‚all those kids‘, wie er sich ausdrückte, zu töten, war ihm zuwider.“

Etwa sieben Jahre später, im Jahr 1952, wurde in der Nähe des Eniwetok-Atolls im Pazifischen Ozean die erste Wasserstoffbombe getestet, fast fünfhundert mal so stark wie die Bombe auf Hiroshima. Truman sprach diesen Atomwaffentest in seiner letzten Botschaft zur Lage der Nation an und sagte, dass „der Mensch in einem zukünftigen Krieg in der Lage wäre, Millionen von Menschenleben auf einen Schlag auszulöschen, die großartigen Städte unserer Welt zu vernichten, die kulturellen Errungenschaften der Vergangenheit auszuradieren – also die Struktur einer Zivilisation zu zerstören, die nach und nach mühsam von Hunderten von Generationen aufgebaut wurde. Ein solcher Krieg ist für vernünftige Menschen kein mögliches Mittel der Politik.“ Dies ist seither die rationale Auffassung aller amerikanischen Präsidenten gewesen.


„The war of the future would be one in which man could extinguish millions of lives at one blow, demolish the great cities of the world, wipe out the cultural achievements of the past—and destroy the very structure of a civilization that has been slowly and painfully built up through hundreds of generations. Such a war is not a possible policy for rational men.“    Harry S. Truman, 7. Januar 1953


Ob Donald Trump, der gegenwärtige amerikanische Präsident, nun ein rational denkender Mann ist oder nicht, jedenfalls drohte er kürzlich, den größten Akt einer Massentötung in der menschlichen Geschichte zu begehen, weit über Hiroshima hinausgehend. Das war am Morgen des 19. September bei den Vereinten Nationen, einer Organisation, die im letzten Jahrhundert gegründet worden war, damit, wie Trumps Redenschreiber es ausdrückte, „verschiedene Nationen kooperieren könnten, um ihre Souveränität zu schützen, ihre Sicherheit zu bewahren und ihren Wohlstand zu fördern.“ Um genau zu sein, waren Trumps Worte; „Die Vereinigten Staaten haben große Kraft und Geduld, aber wenn sie gezwungen sind, sich selbst oder ihre Verbündeten zu verteidigen, werden wir keine andere Wahl haben als Nordkorea vollständig zu zerstören“, worauf er hinzufügte, dass „Rocket Man“ – so nannte er Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un – „auf einer Selbstmord-Mission für sich selbst und für sein Regime ist.“

Seitdem hat Trump Spieler der National Football League (sowie die Liga selbst) wegen friedlicher Proteste gegen Rassendiskriminierung beleidigt; er unterstützte einen Senatskandidaten in Alabama, der die Wahl verlor, und löschte dann die Tweets, in denen er seine Unterstützung zum Ausdruck gebracht hatte; und am vergangenen Wochenende verunglimpfte er den Bürgermeister von San Juan, der Hauptstadt von Puerto Rico – eine bewährte Methode, um die öffentliche Aufmerksamkeit von seiner vorherigen Vernachlässigung der Naturkatastrophe auf Puerto Rico abzulenken, die das Leben von mehr als drei Millionen Amerikanern betrifft.

Ablenkung ist eine Trumpsche Taktik. Seine UN-Rede ist allerdings nicht durch Ablenkungsmanöver in Vergessenheit geraten, vielmehr steht ihre leichthin zum Ausdruck gebrachte Mehrdeutigkeit weiterhin im Raum. Was bedeutete, „gezwungen, sich selbst oder seine Verbündeten zu verteidigen“? Anstatt zu sagen, dass die Vereinigten Staaten zurückschlagen würden, wenn Nordkorea sie tatsächlich angreifen würde (was jedoch ohnehin selbstverständlich ist), zog Trump es vor, etwas Unklares, nahezu Unverständliches über ein Thema zu sagen, das Eindeutigkeit verlangt.

Vielleicht wollte er die Welt nur daran erinnern, dass ein Staat mit überwältigender nuklearer Überlegenheit einen anderen Staat mit einem total unterlegenen Waffenarsenal leicht auslöschen könnte, „vollkommen zerstören“ – 25 Millionen Menschen, vermutlich innerhalb weniger Minuten. Aber wer benötigt eine solche Erinnerung?

Trump scheint es zu genießen, Kim zu provozieren, einen gefährlichen und leicht reizbaren jungen Mann, indem er sich auf eine Weise äußert, die – wie Evan Osnos am Sonntag schrieb – „prädestiniert ist, Kims Paranoia und Feindseligkeit anzufachen“. Als ob der Ausdruck „vollkommen zerstören“ nicht genug war, tweetete – tweetete! – Trump ein paar Tage später, am 23. September: „Gerade den Außenminister von Nordkorea bei der UNO reden hören. Wenn er die Gedanken von Little Rocket Man wiedergibt, werden sie nicht mehr lange unter uns sein!“

Was für eine Drohung ist das denn? Sie kam von demselben Präsidenten, der vor kurzem noch gesagt hatte: „Mit Ausnahme des großen Abraham Lincoln kann ich präsidialer sein als jeder Präsident, der dieses Amt jemals innehatte.“ Es überraschte daher nicht wirklich, als Kim in seiner Entgegnung gelobte, „den geistesgestörten senilen US-Greis definitiv und endgültig mit Feuer zu zähmen“.

Man kann nur mutmaßen, wie derartige Beschimpfungen den gefährlichsten Moment eines drohenden Atomkriegs im 20. Jahrhundert beeinflusst hätten – die Kubakrise vom Oktober 1962, als die Sowjetunion Atomraketen auf Kuba stationieren wollte. Präsident John F. Kennedy und Ministerpräsident Nikita Chruschtschow waren beide überzeugt, dass für ihre Staaten vitale strategische Interessen auf dem Spiel standen, aber beide waren trotzdem entschlossen, einen Krieg zu vermeiden.

Wie wäre die Sache wohl ausgegangen, wenn Kennedy – während er darauf bestand, dass die Raketen abgezogen werden – Chruschtschow als „Fat Nick“ verspottet hätte oder wenn Chruschtschow Kennedy einen „verdorbenen Dreckskerl“ genannt hätte? Hätte eine derartige Sprache die Welt einem Krieg auch nur einen winzigen Schritt näher gebracht, wie hätte die Geschichte und die Moral dieses Verhalten wohl beurteilt?

Die USA und die Welt haben gelernt, über Vieles von dem, was Trump von sich gibt, achselzuckend hinwegzugehen, auch deshalb, weil er kurz darauf schon wieder etwas anderes dazu sagt, oder zu vergessen scheint, was er ursprünglich gesagt hatte. Am Ende lässt dies viele seiner Äußerungen bedeutungslos erscheinen. Aber es ist die Existenz von thermonuklearen Waffen, die heute etwa die dreitausendfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe haben, die Trumps irrationale Ausbrüche untragbar machen, ja unanständig.

Wenn Vernunft und Rationalität abhanden kommen, wie lange mag es dauern, bis reiner Wahnsinn ihren Platz einnimmt?

Jeffrey Frank, ehemaliger Chefredakteur des New Yorker und Autor von „Ike und Dick: Porträt einer seltsamen politischen Ehe“, arbeitet an einem Buch über die Truman-Ära.

Außerdem:
  • Trump says ‚only one thing will work‘ with North Korea – Jeff Mason – Reuters, 07.10.2017
    • Trump: “Presidents and their administrations have been talking to North Korea for 25 years, agreements made and massive amounts of money paid,” Trump said in a tweet. “…Hasn’t worked, agreements violated before the ink was dry, making fools of U.S. negotiators. Sorry, but only one thing will work!”
  • Donald Trump, and His Voters – Masha Gessen – The New Yorker, 06.10.2017
    • „Knowing what we know about Trump and what psychiatrists know about aggression, impulse control, and predictive behavior, we are all in mortal danger. He is the man with his finger on the nuclear button. Contributors to “The Dangerous Case of Donald Trump” ask whether this creates a “duty to warn.” But the real question is, Should democracy allow a plurality of citizens to place the lives of an entire country in the hands of a madman? Crazy as this idea is, it’s not a question psychiatrists can answer.“
  • Here’s How Deadly a North Korea Nuclear Attack Could Be – Eli Meixler – Time,  06.10.2017
    • „The report offers hypothetical scenarios based on the assumption that North Korea has a nuclear arsenal of some 20-25 warheads. The warheads are estimated to range from 15 kilotons — about the size of the „Little Boy“ bomb dropped on Hiroshima in 1945, killing more than 200,000 — to 250 kilotons — the estimated strength of a thermonuclear weapon. The report suggests that were North Korea to launch its entire arsenal against Tokyo (population 37.9 million) and Seoul (24.1 million), casualties in each city could reach as high as 3.8 million.“
  • Die Pöbler und ihre Arsenale des Schreckens – Hauke Friederichs und Steffen Richter – Zeit Online, 05.10.2017
    • „Zehntausende Soldaten, Kampfjets, Bomben: Ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel würde zu einem internationalen Konflikt führen. Wer kann eigentlich womit drohen?“
  • A Hypothetical Nuclear Attack on Seoul and Tokyo: The Human Cost of War on the Korean Peninsula –  Michael J. Zagurek Jr. – 38 North, 04.10.2017
    • „At various times over the past few weeks, US President Donald Trump and other members of his administration have threatened to use military force to prevent North Korea from conducting additional nuclear or ballistic missile tests. The US carrying out any military option raises a significant risk of military escalation by the North, including the use of nuclear weapons against South Korea and Japan. According to the calculations presented below, if the “unthinkable” happened, nuclear detonations over Seoul and Tokyo with North Korea’s current estimated weapon yields could result in as many as 2.1 million fatalities and 7.7 million injuries.“
  • Evan Osnos Talks to David Remnick About Donald Trump’s Provocations of a Nuclear North Korea – Podcast – The New Yorker, 25.09.2017
    • „Osnos tells David Remnick that North Korea will never give up its nuclear weapons; they are no longer a bargaining chip but, rather, a source of national identity and security. Despite the forceful rhetoric and threats, Osnos found little appetite for war in either government, concluding that North Korea is not “a suicidal cult.” And he predicts that Trump will contain the risk rather than eliminate it.“
  • The Risk of Nuclear War with North Korea – Letter from Pyongyang from Evan Osnos – The New Yorker, 18.09.2017
    • „Evan Osnos joined The New Yorker as a staff writer in 2008, and covers politics and foreign affairs. He is the author of “Age of Ambition: Chasing Fortune, Truth, and Faith in the New China.”
    • Sehr gutes Video mit Evan Osnos (7:36 Min.) zu diesem Beitrag: „On the ground in Pyongyang: Could Kim Jong Un and Donald Trump goad each other into a devastating confrontation?“

„Es gibt einen Ausweg aus dem Nordkorea-Konflikt“

Fareed ZakariaFareed Zakaria ist einer der profiliertesten politischen Journalisten der USA. Er moderiert jeden Sonntag eine einstündige politische Magazinsendung auf CNN, Fareed Zakaria GPS, die weltweit ausgestrahlt wird und nach Angaben von Wikipedia ca. 200 Mill. Haushalte erreicht. Außerdem schreibt er u.a. eine wöchentliche Kolumne für die Washington Post, die er unter dem Titel „Fareed’s Take“ jeweils zu Beginn seiner CNN-Sendung vorträgt.

Am 28. September 2017 befasste sich seine Kolumne mit der gegenwärtigen Nordkorea-Politik der Vereinigten Staaten. Dieser Primitivversion des Umgangs mit einem brandgefährlichen Konflikt stellte er einen elaborierten politischen Lösungsansatz gegenüber, der von einem intimen Kenner der Region und der Konfliktparteien entwickelt wurde.

Diese beiden politischen Ansätze trennen Welten. Es wird schlagartig deutlich, dass der derzeitige, vorwiegend emotionsgesteuerte amerikanische Präsident kaum in der Lage sein wird, die differenzierten politischen Lösungsstrategien nachzuvollziehen (geschweige denn anzuwenden), die allein der Komplexität der unterschiedlichen Interessenlagen der an dem Konflikt Beteiligten gerecht werden und eventuell ermöglichen würden, Bewegung in die starren Fronten zu bringen.

Ich habe diese in meinen Augen besonders interessante Kolumne Fareed Zakarias übersetzt. Den (gekürzten) Vortrag des amerikanischen Originals (Fareed’s Take: „Trump likes to be the tough guy“) durch den Journalisten finden Sie hier.

Es gibt einen Ausweg aus dem Nordkorea-Konflikt

Die Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea ist derzeit an einem gefährlicheren Punkt angelangt als jemals in den letzten Jahrzehnten. Jede Seite proklamiert harte Positionen, verkündet Drohungen und unterstreicht, ihre Standpunkte seien nicht verhandelbar. Jede Seite hat sich festgelegt und kaum noch Spielraum. Wie bricht man aus diesem gefährlichen Weg aus?

Die Trump-Regierung hat einen kolossalen Fehler begangen, indem sie ohne solide Absicherungsstrategie ihre Rhetorik hochgefahren hat. Warum, bleibt unklar. Teilweise scheint es, dieses Weiße Haus will jede Politik der Obama-Ära umkehren. Teilweise ist es der gleiche undisziplinierte Ansatz, der so viele Aktionen dieser Regierung kennzeichnet: Top-Leute, die eigenmächtig und großspurig handeln. Zum Beispiel scheint Nikki Haley, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, eine harte Linie auch deshalb einzuschlagen, um Außenminister Rex Tillerson zu überflügeln – und sich effektvoll für sein Amt zu empfehlen.

Aber das wichtigste ist vielleicht, dass Präsident Trump es liebt, der harte Kerl zu sein. Frühere Präsidenten reagierten mit Besonnenheit auf angriffslustige Statements von Führern wie Nikita Chruschtschow und Mao Tsetung. Die Vereinigten Staaten waren immer diszipliniert und vorsichtig; es waren die Jungs der Gegenseite, die verrückte Reden geschwungen haben. Aber Trump scheint entschlossen, auch bei den Beleidigungen das letzte Wort zu haben.

Wir müssen die Rhetorik zurückfahren und eine Strategie formulieren. Nordkorea hat eine – seit Jahrzehnten. Vor dem Hintergrund seiner Isolation und Gefährdungslage hat Nordkorea entschieden, nukleare Abschreckung zu benötigen. Und Pyongyang hat auf diesem Weg erstaunliche Fortschritte gemacht. Atomwaffen sind das einzige, das Kim Jong Un davor bewahrt, das Schicksal von Saddam Hussein oder Muammar al-Gaddafi zu erleiden. Das Regime wird diese Versicherung nicht aufgeben. Würden Sie es tun, wenn Sie in Kims Position wären?

Eine Denuklearisierung Nordkoreas zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist eine Wunschfantasie. Sie wird nicht stattfinden, es sei denn, die Vereinigten Staaten würden einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel führen. Jeder weiß dies, aber kein Offizieller in Washington ist bereit, es öffentlich zuzugeben. Die Vereinigten Staaten verfolgen eine Zombie-Politik, die keine Chance auf Erfolg hat, aber gleichwohl angewandt wird. Das bedeutet, dass wir keinerlei Fortschritte in Richtung auf ein wünschenswertes und tatsächlich erreichbares Ziel machen können: das nordkoreanische Atomwaffenarsenal einzufrieren, weitere Atomtests zu stoppen und die Atomwaffen unter internationale Kontrolle zu bringen.

Ein Ausweg aus dieser lähmenden Situation wäre, die Problematik in einem neuen Rahmen zu betrachten und den Lösungshorizont zu erweitern. Josua Cooper Ramo, Co-Direktor von Henry Kissingers Beratungsfirma, hat einen Plan entwickelt, der in Washington zirkuliert, mit dem Ziel, eine internationale Konferenz über die Nichtweitergabe von Atomwaffen einzuberufen. Alle bestehenden Atomwaffenstaaten sollen zustimmen, ihre Arsenale für einige Zeit nicht zu testen oder zu erweitern – etwa 36 Monate lang. Inspektoren würden die Einhaltung überwachen. Alle anderen Nationen würden versichern, dass sie nicht beabsichtigen, Atomwaffen zu erwerben. Entscheidend wäre, dass Nordkorea eingeladen würde, sich dieser Vereinbarung anzuschließen, jedoch als Atomwaffenstaat, mit dem Ziel, den gegenwärtigen Entwicklungsstand einzufrieren und das Land möglicherweise später zu denuklearisieren.

Nach Ramos Auffassung sind die Vorteile dieses Ansatzes, dass er das Nordkorea-Problem in den breiteren Kontext der globalen Proliferation stellt, so dass jede Partei eine gesichtswahrende Möglichkeit erhält, ehemals starre, als nicht verhandelbar geltende Standpunkte zu verlassen. Auf diese Weise entstünde eine globale Koalition, die in die Lage versetzt würde, Sanktionen gegen Nordkorea zu verhängen, falls das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommen würde, und China ermächtigen würde, gegen seinen Verbündeten rigoros durchzugreifen. Dieser Plan berücksichtigt auch Pekings zentrale Sicherheitsbedenken: ein Kollaps Nordkoreas würde abgewendet, außerdem würde verhindert, dass Japan und Südkorea in den Besitz von Atomwaffen kämen. Ramo, ein exzellenter China-Kenner, ist überzeugt, dass dieser breitere Ansatz es der chinesischen Regierung ermöglichen würde, ihre Position zu ändern.

Die Details eines solchen Plans könnten bei Bedarf angepasst werden. Eventuell könnte mit dieser Konferenz auch der Versuch verbunden werden, den Vertrag über die Nichtweitergabe von Atomwaffen, der in seiner gegenwärtigen Form nicht mehr dem derzeitigen Stand der Dinge entspricht, zu aktualisieren und zu erweitern. (Der Vertrag, der 1968 ausgearbeitet wurde, ging noch von einer eindeutigen Unterscheidbarkeit von friedlicher Nutzung der Kernenergie und deren Verwendung zum Bau von Atomwaffen aus, die aber heute kaum noch gegeben ist.)

Vielleicht könnte die Konferenz in Form eines regionalen Forums stattfinden, wobei die Beteiligung von Japan und Südkorea besonders zu betonen wäre, damit deren Verpflichtung, keine Atomwaffen zu erwerben, als Schlüsselelement angesehen würde – ebenso wie die implizite Bedrohung, dass diese Länder frei wären, sich in eben diese Richtung zu bewegen, wenn es keine entsprechende Vereinbarung gäbe.

Es existiert keine wirklich gute – geschweige denn perfekte – politische Lösung für das Nordkorea-Problem. Aber die Trump-Regierung muss auf jeden Fall mit den Beleidigungen aufhören, Vernunft annehmen und versuchen, einen Weg zu finden, um die Situation zu stabilisieren. Andernfalls sind wir auf einem Weg, der Washington dazu zwingen wird, entweder in den Krieg zu ziehen oder stillschweigend seine Niederlage gegen den kleinen Rocket Man einzuräumen.

Außerdem:
  • Nordkorea und USA wollen Trumps Geisteszustand ergründen – Analyse von Manuel Escher – Der Standard, 03.10.2017 (mit weiteren Links zum Thema)
    • „Provoziert Trump planvoll oder impulsiv? Die Antwort hat Folgen für Krieg und Frieden.“
    • „Donald Trump will laut Medienberichten als unberechenbarer „Madman“ wahrgenommen werden. Das ist gefährlich, sagen Experten: Gelangt Nordkorea etwa zu der Auffassung, dass ein Angriff der USA unabwendbar sei, könnte das Land einen Erstschlag gegen Südkorea oder Japan starten.“
    • „Donald Trump, schrieb die Internetseite „Axios“ jüngst, soll seinen Mitstreitern kürzlich einen ungewöhnlichen Befehl gegeben haben: Man solle ihn in den Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Südkorea möglichst als Verrückten darstellen, der die Vereinbarung jederzeit in der Luft zerreißen könnte. Die Autoren von „Axios“ schließen daraus, dass Trump auch in anderen Politikbereichen dem Leitfaden folgt, den US-Präsident Richard Nixon einst im Vietnam-Krieg alsMadman-Theorie bekannt gemacht hat: Andere Staaten sollen glauben, dass die USA auch zu irrationalen Handlungen bereit seien, wenn man auf ihre Bedingungen nicht ausreichend eingehe. Trumps teils ungewöhnliches Verhalten wäre demnach Teil seiner Verhandlungstaktik.“
    • „Nicht alle halten diese Erklärungsversuche aber für glaubhaft, auch abseits jener demokratischen Politiker, Medien und Mediziner, die als Ursache für das teils bizarre Verhalten des militärischen Oberbefehlshabers eine medizinische Erklärung – etwa eine Erkrankung an Neurosyphilis– vermuten und daher eine Offenlegung von Trumps medizinischen Befunden fordern. „Man sollte nicht versuchen, etwas durch Bosheit zu erklären, was sich auch hinreichend durch Dummheit erklären lässt“, schrieb etwa der Experte für Meinungsforschung, Nate Silver, auf der vielgelesenen Plattform „Fivethirtyeight“ am Montag. Er sehe Trumps Verhalten nur in den wenigsten Fällen als berechnend, vielmehr lasse sich vieles auch dadurch erklären, dass der Präsident eben ein emotionaler und impulsiv handelnder Mensch sei, der rassistische und sexistische Vorurteile habe und diesen entsprechend handle. Zu selten, so Silver, ergebe sich aus dem Wüten des Präsidenten ein politischer Vorteil.“
  • Kim Jong Un and the Place of PrideAndray Abrahamian – 38 North, 02.10.2017
    • 38 North is a website devoted to informed analysis of North Korea – a project of The US-Korea Institute (About) at Johns Hopkins School of Advanced International Studies (SAIS).
    • „By making it personal, both Kim Jong Un and Donald Trump are boxing themselves in.“
    • „If a cataclysm on the Korean peninsula is to be avoided, President Trump must dial back the personal nature of his rhetoric. What worked well on the campaign trail will not yield results with Kim Jong Un. Kim will push back. He may even stumble into a war for the sake of his personal pride.“
  • Hemmungslos bloßgestellt – Oliver Kühn – FAZ, 02.10.2017
    • „Der amerikanische Präsident Donald Trump macht seinen Außenminister Tillerson öffentlich lächerlich. Er scheint ein Hollywood-Klischee falsch verstanden zu haben.“
    • „Diese Politik mag bei Trumps Anhängern funktionieren, im Fall Nordkoreas jedoch wirkt sie nicht. Genauso wie der amerikanische Präsident will Kim Jong-un nach innen Stärke demonstrieren. Er will seinen Anhängern klar machen, dass er es sogar mit dem amerikanischen Präsidenten aufnehmen kann und sich nicht einschüchtern lässt. Trumps Äußerungen dürften Kim deshalb eher noch darin bestärken, seine Politik fortzuführen. Nur die glaubwürdige Abschreckung mit funktionstüchtigen Atomraketen, die auch das amerikanische Festland erreichen könnten, wird von Kim als Überlebensgarantie angesehen. Seine Drohung, den ersten Test einer Atombombe in der Atmosphäre seit 37 Jahren durchzuführen, muss also durchaus ernst genommen werden. – Schon jetzt würde eine kriegerische Auseinandersetzung nur Verlierer produzieren. Denn militärisch verfügt Kim durchaus über ein ansehnliches Potential. Seine Artillerie kann die südkoreanische Hauptstadt Seoul erreichen und seine Raketen die großen Städte in Japan. Außerdem kann Kim die Granaten und Raketen noch mit chemischen Waffen bestücken, was Millionen Opfer zur Folge hätte.“
  • The best hope for peace in Northeast Asia is that North Korea does not take Trump seriouslyDaniel W. Drezner – Washington Post, 02.10.2017
    • Daniel W. Drezner is a professor of international politics at the Fletcher School of Law and Diplomacy at Tufts University
    • „Trump wants the rest of the world to think he is a madman. Fortunately and unfortunately, the rest of the world thinks he is a blowhard (Angeber, Sprücheklopfer).
  • The Media Needs To Stop Rationalizing President Trump’s BehaviorNate Silver – FiveThirtyEight, 30.09.2017
    • „His outburst on Hurricane Maria and Puerto Rico shows that not everything is a clever ploy to rally his base.“

Atomkriegsspielereien

Atombabies

(edelstudio)

Offenbar kein Erwachsener da zum Aufpassen…

Konflikteskalation nach Glas

(Konflikteskalation nach Friedrich Glasl)

Gegenwärtig: Eskalationsstufe 6.

  • Kim verweigert Gespräche mit den USA – oe24, 01.10.2017
    • „Nordkorea lässt US-Außenminister Tillerson abblitzen.“
  • Trump nennt Gespräche mit Nordkorea „Zeitverschwendung“ – FAZ, 01.10.2017
    • „Sein Außenminister streckt die Fühler nach Pjöngjang aus, da grätscht ihm Donald Trump dazwischen: Für ihn haben Gespräche mit Nordkorea keinen Sinn, wie er wissen lässt.“
  • Cohen: Yes, war with North Korea is a real possibility – Andrew Cohen – Ottawa Citizen, 26.09.2017
    • Andrew Cohen is a journalist, professor and author of „Two Days in June: John F. Kennedy and the 48 Hours That Made History“.
    • „We are hurtling toward war with North Korea. It may be as early as next month. It may not be deliberate. It may be what no one wants or expects. It may be mischance, misperception and misfortune. With each day of threats and cries from leaders on both sides, it becomes more likely. (…) The prospects of nuclear war today are the greatest since the Cuban Missile Crisis in October 1962, the closest we have ever come to Armageddon. Wars often start as a succession of irreversible incidents. A runaway train of events. A clash of vanity, honour, affront, anger, anxiety, revenge, stupidity. Soon we are in a narrow place with few options.“
    • „Now, in a breathtaking fusillade of insults, epithets and threats, the commander-in-chief uses the same rhetoric that Kim does. His platform is Twitter. Or, worse, the United Nations. This has never happened. No one in the nuclear age in the Oval Office has talked like Donald Trump. No one with nuclear missiles has threatened “fire and fury,” to “totally destroy ” North Korea, or has warned its leadership they may “not be around much longer.” Or called his opponent “little rocket man.”
    • „My God, it has come to this: a naïve, blithe confidence that the United States can hit first and get away with it. It can’t. The moment Kim sees that he will lose everything, he will go nuclear.“
  • Bericht: Nordkorea verlegt Kampfflugzeuge an die Ostküste – Zeit Online, 26.09.2017
    • „Im schärfer werdenden Konflikt mit den USA baut Nordkorea nach Medienberichten seine Verteidigungsstellung an der Ostküste aus und hat Kampfflugzeuge dorthin verlegt.“
  • Nine charts which tell you all you need to know about North Korea – BBC, 26.09.2017
    • „As North Korea and the United States continue to trade threats, we have little idea how the war of words is perceived to the people of North Korea because the regime of Kim Jong-un maintains an iron grip over the population, carefully controlling access to the outside world.“
  • Here are the options for dealing with North Korea – Stanford University, 25.09.2017
    • Michael R. Auslin is a research fellow in contemporary Asia at the Hoover Institution at Stanford University, who specializes in global risk analysis, US security and foreign policy strategy, and security and political relations in Asia. Gi-Wook Shin is a professor of sociology, a senior fellow at the Freeman Spogli Institute for International Studies, and director of the Shorenstein Asia-Pacific Research Center. The two scholars recently talked about the escalating situation between the two countries and what real options the two leaders have on the table.“
  • Nordkorea droht mit Abschuss von US-Bombern – Zeit Online, 25.09.2017
    • „Die USA haben Militärflugzeuge vor die Küste Nordkoreas fliegen lassen, jetzt antwortet das Regime: Man könne diese Maschinen auch im internationalen Luftraum abschießen.“
  • Nuclear war isn’t North Korea’s only threat – Eric O’Neill – CNN, 25.09.2017
    • „North Korea has long been investing in creating a dedicated cyber army.
      Battleground for future conflicts will be found in both kinetic and cyberwar theaters.“
  • Nordkorea wertet Trumps Worte als Kriegserklärung – Spiegel Online, 25.09.2017
    • „Der Konflikt mit Nordkorea spitzt sich weiter zu: Donald Trump habe dem Land mit seinem jüngsten Statement den Krieg erklärt, sagt der nordkoreanische Außenminister – und droht mit dem Abschuss von US-Flugzeugen.“
  • Trump gegen Nordkorea – „Sie werden nicht mehr lange da sein“ – Spiegel Online, 24.09.2017
    • „Die USA haben Bomber an die Küste Nordkoreas entsendet – und Präsident Trump schickt eine verbale Attacke hinterher. Zudem spekuliert er über eine Zusammenarbeit Irans mit dem Regime von Kim Jong Un.“
  • DONALD TRUMP IS A THREAT TO SURVIVAL OF LIFE ON EARTH – Helena Wright – Newsweek, 24.09.2017
  • Welche Folgen hätte Nordkoreas Kernwaffentest über dem Pazifik? – Markus Brauer – Stuttgarter Nachrichten, 22.09.2017
    • „Nicht nur die Rhetorik zwischen Pjöngjang und Washington hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Auch die Drohgebärden. Wird Nordkorea seinen martialischen Worten bald Taten folgen lassen?“
  • „Nur ein verängstigter Hund bellt lauter“Antwort Kim Jong-Uns im Wortlaut auf die Rede Donald Trumps vor der UNO  – FAZ, 22.09.2017
    • „Nordkoreas Führer Kim Jong-un hat auf die Rede des amerikanischen Präsidenten Donald Trump vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen geantwortet. Es soll die erste direkte Stellungnahme eines nordkoreanischen Führers sein. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte am Freitag diese Stellungnahme.“

Fake-Präsident Donald

Donald Trump einsam im Weißen Haus (Daniel Pagan)Zunehmend muss der Immobilienmogul auf dem Präsidentenstuhl nicht nur scharfe Kritik der „Fake News-Medien“ über sich ergehen lassen, sondern auch beißenden Spott. Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart macht in seinem heutigen Morning Briefing auf eine Kolumne von Maureen Dowd in der „New York Times“ aufmerksam und präsentiert einige Kernsätze:

Donald Trump hasst Washington – und Washington hasst erbarmungslos zurück. Pulitzerpreis-Trägerin Maureen Dowd, Hauptstadtkolumnistin der „New York Times“, schreibt:

„Lieber Donald, Du hast im Wahlkampf immer wieder darum gebeten, dass man dich nicht als Politiker bezeichnet. Keine Angst. Niemand wird dich nach diesen ersten Wochen für einen Politiker halten. Du bist noch nicht mal ein guter Verhandlungsführer. Du bist ein armer Trottel (sucker), der sich über den Tisch ziehen lässt. Normalerweise braucht Washington Jahre, um einen Präsidenten kleinzukriegen. Du aber bist deiner Zeit weit voraus.“

Vertiefendes zum psychischen Gesundheitszustand Donald Trumps

In mehreren Beiträgen hat sich der „Denkraum“ mit der Frage auseinandergesetzt, ob Donald Trump trotz auffälliger, für jedermann offenkundiger „narzisstischer“ Persönlichkeitseigenschaften die Fähigkeit besitzt, das Amt des US-Präsidenten auszuüben. Nun wurde – angestoßen durch verschiedene in der New York Times veröffentlichte Leserbriefe amerikanischer Psychiater – die weitergehendere Frage, ob es sich bei diesen besorgniserregenden Eigenschaften Trumps um eine psychische Krankheit handelt, in den letzten Tagen in der Weltpresse eifrig diskutiert (z.B. hierhier und hier), und zwar kontrovers und zum wiederholten Mal. Die Süddeutsche Zeitung berichtete darüber ebenfalls und heute auch die FAZ.

Die Kontroversen psychiatrischer Experten über den psychischen Gesundheitszustand des amerikanischen Präsidenten hinterlassen die Öffentlichkeit mehr oder weniger ratlos, da sie zu keinen eindeutigen Ergebnissen führen. Warum dies so ist, warum also auch Fachleute so unterschiedlich darüber urteilen, ob es sich bei den psychischen Auffälligkeiten Trumps um krankheitswertige Störungen handelt oder nur um bizarre Persönlichkeitseigenschaften, die aber nicht das Etikett „Krankheit“ rechtfertigen, diese Problematik soll im Folgenden näher aufgeklärt werden. Der Autor dieses Blogartikels ist selbst Psychotherapeut und Psychoanalytiker, sollte zu einer solchen Klärung also beitragen können.

Gibt es eindeutige Kriterien, durch die psychische Krankheit von psychischer Gesundheit zu unterscheiden ist?

Stellen Sie sich vor, Sie sind erkältet. Sind Sie dann krank? Das hängt von dem Ausmaß ab, von dem Schweregrad der Erkältung, werden Sie sagen. Einen leichten Schnupfen wird man kaum als Krankheit bezeichnen. Liegt man aber mit starkem Husten, Fieber und Gliederschmerzen im Bett, so dürfte die Sache klar sein und eine ärztliche Krankschreibung kein Problem darstellen. Wo aber verläuft die Grenze? Gibt es eine solche Grenze überhaupt, existieren also klare, eindeutige Kriterien, anhand derer zu entscheiden ist, in welchen Fällen Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung als Krankheit zu werten ist und in welchen nicht? Oder hängt es in einer gewissen Grauzone vielleicht vorwiegend von der Großzügigkeit und Tageslaune Ihres Arztes oder Ihrer langjährigen Beziehung zu ihm ab, ob er Sie krank schreibt oder nicht?

Aber einige Kriterien gibt es schon, werden Sie sagen, denn schließlich ist es doch ein Unterschied, ob ich nur einen Schnupfen habe oder eben auch Fieber, Gliederschmerzen und womöglich Schüttelfrost. OK, in den Extremzonen des Kontinuums, auf dem man Ihre Erkältungssymptome anordnen kann, fällt die Entscheidung nicht schwer. Aber lässt sich auch außerhalb der Extrembereiche exakt definieren, wann ein Arzt eine Erkältung von Krankheitswert diagnostizieren würde (die er dann vermutlich grippalen Infekt nennen würde)? Existieren trennscharfe Kriterien, die diese Grenze zu definieren erlauben?

Offenbar gibt es hinsichtlich der Bewertung „noch gesund“ oder „schon krank“ bei zahlreichen gesundheitlichen Problemen, die hinsichtlich ihres Schweregrads auf einem Kontinuum angesiedelt sind (natürlich nicht, wenn Sie sich Hals und Bein gebrochen haben), eine Grauzone und einen gewissen ärztlichen Ermessensspielraum. Und ich sage Ihnen schon jetzt, im Bereich psychischer Störungen ist die entsprechende Beurteilung noch schwieriger. Allerdings gilt auch dort: die Entscheidung wird umso einfacher, je stärker ausgeprägt die Symptomatik ist. Aber das haben Sie sich wahrscheinlich schon selbst gedacht.

Die Klassifikationssysteme medizinischer Diagnosen – des Rätsels Lösung?

In dem Bemühen, Krankheitsdiagnosen objektiver und einheitlicher zu gestalten, wurden Diagnoseklassifikationen bzw. -manuale entwickelt, die von Fachkommissionen immer mal wieder überarbeitet und weiterentwickelt werden. Die wichtigste, weltweit angewandte Klassifikation ist die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebene „International Statistical Classification of Diseases“ (ICD – aktuelle Ausgabe ICD-10).  Kapitel V der ICD-10 behandelt die Psychischen und Verhaltenstörungen. Während europäische Psychiater noch vorwiegend mit dieser Klassifikation arbeiten, werden psychische Störungen in den Vereinigten Staaten ausschließlich anhand des im Auftrag der American Psychiatric Association   entwickelten „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ diagnostiziert, das seit 2013 in der fünften Version vorliegt (DSM-5). Aber auch in Europa wird das DSM in den letzten Jahren zunehmend populär.

Einer der Experten, der die gegenwärtige Kontroverse mit seinem Leserbrief an die New York Times, den auch die FAZ heute abdruckte, wesentlich beeinflusst hat, ist Allen Frances, ein international bekannter Professor für Psychiatrie, der die Expertenkommission leitete, die das 1994 veröffentlichte DSM IV entwickelte. Prof. Frances war es, der Donald Trump am 13. Februar 2017 in der New York Times mit den Worten gesund schrieb: I wrote the criteria that define this disorder, and Mr. Trump doesn’t meet them.“ („Ich schrieb die Kriterien, die diese Krankheit definieren, und Mr. Trump erfüllt sie nicht.“).  Und weiter: „Er ist vielleicht ein Weltklasse-Narzisst, aber das bedeutet nicht, dass er psychisch krank („mentally ill“) ist, denn er leidet nicht unter den Belastungen und Beeinträchtigungen, was erforderlich wäre, um eine psychische Erkrankung („mental disorder“) zu diagnostizieren. Mr. Trump verursacht eher schwerwiegende Belastungen als dass er sie erlebt, und ist für seine Grandiosität, Selbstbezogenheit und das Fehlen von Empathie reich belohnt worden, nicht bestraft.“ Nach Überzeugung von Prof. Frances ist also eine notwendige Bedingung für die Diagnose einer psychischen Erkrankung, dass der Betroffene unter den Symptomen seiner Störung selbst leidet bzw. einen persönlichen Leidensdruck empfindet.

Dazu sollten Sie jedoch wissen, dass Prof. Frances seit Jahren eine ganz eigene Agenda verfolgt. Er ist nämlich der Auffassung, dass seine Kollegen, die das DSM-5 entwickelt haben, die Nachfolgeversion der von ihm verantworteten DSM IV, einen Riesenfehler begangen haben: Sie erhöhten die Zahl legitimer psychiatrischer Diagnosen drastisch. Sein dazu auch bei uns erschienenes Buch richtete sich daher schon im Untertitel „gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen“, und eine Schweizer Zeitung nannte Allen Frances einen „Kämpfer wider den Diagnosewahn“. Klar also, dass der in jedem Fall dagegen ist, Donald Trump als psychisch krank zu bezeichnen.

Um es vorwegzunehmen, ich bin ebenfalls dagegen, aber vor allem deshalb, weil ich dies im Fall des US-Präsidenten für eine unergiebige Frage halte (es sei denn, man will versuchen, ihn mit dieser Begründung abzusetzen, was man aber nicht tun wird). Die Begründung, die Prof. Frances in seinem scheinbar so einleuchtenden und weltweit rezipierten Leserbrief für seine Feststellung gegeben hat, Trump erfülle nicht die Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung, ist jedoch falsch.

Schauen wir uns die Kriterien an, die nach dem derzeit gültigen DSM-5 erfüllt sein müssen, um eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, unabhängig davon, um welche Art es sich handelt. Demnach ist eine Persönlichkeitsstörung…

…ein überdauerndes Muster von innerem  Erleben und Verhalten, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht. Dieses Muster manifestiert sich in mindestens zwei der folgenden Bereichen:

  • Kognition (d.h. die Art, sich selbst, andere Menschen und Ereignisse wahrzunehmen und zu interpretieren),

  • Affektivität (d.h. die Variationsbreite, Intensität, Labilität und Angemessenheit emotionaler Reaktionen),

  • Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen.

  • Impulskontrolle.

  • Das überdauernde Muster führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

  • Das Muster ist stabil und lang andauernd, und sein Beginn ist mindestens bis in die Adoleszenz oder ins frühe Erwachsenenalter zurückzuverfolgen, es lässt sich nicht besser als Manifestation oder Folge einer anderen psychischen Störung erklären, ist nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Hirnverletzung) und es ist unflexibel und tiefgreifend in einem weiten Bereich persönlicher und sozialer Situationen.

Das fettgedruckte Kriterium ist natürlich deshalb fettgedruckt, weil es den casus knacksus enthält: Das betreffende überdauernde Erlebens- und Verhaltensmuster, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht, muss, um gemäß DSM-5 eine Persönlichkeitsstörung darzustellen, „in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen“ führen.

Zu Leiden oder Beeinträchtigungen, nicht zu Leiden und Beeinträchtigungen, wie Prof. Frances in seinem Leserbrief schreibt, und sich dabei ausschließlich auf subjektives Leiden bezieht. Das sei aber bei Mr. Trump nicht erkennbar, der sei doch im Gegenteil für seine narzisstischen Charakterzüge reich belohnt worden. Wie indes jedermann weiß, können Beeinträchtigungen bestimmter Persönlichkeitsfunktionen eines Menschen jedoch in den verschiedensten Lebensbereichen auftreten, ohne dass der Betroffene subjektiv darunter leidet. Gehen Sie mal in Gedanken all die Menschen durch, die Sie als schwierig empfinden, und fragen sich, welche davon unter den betreffenden „schwierigen“ Eigenschaften selbst subjektiv leiden, und in welchen Fällen es eher die Anderen sind, die leiden.

Deshalb fordert das DSM-5 als notwendige Voraussetzung für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung – wie übrigens auch die ICD-10 – ausdrücklich nicht „subjektives Leiden“ des Betroffenen, sondern lässt auch  „Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen“ gelten, ob der Betroffene nun subjektiv darunter leidet oder nicht. 

Nach eben diesem Kriterium hat man in der Psychiatrie bzw. klinischen Psychologie lange Zeit eine sehr bedeutsame Unterscheidung getroffen, nämlich die zwischen Symptom- und Charakterneurosen. Als Symptomneurosen wurden diejenigen neurotischen Störungen bezeichnet, die von den Betroffenen als störend, fremd und nicht zu ihrer Persönlichkeit gehörend empfunden werden (ich-dyston) und die Leidensdruck mit sich brachten (Ängste, Zwangsgedanken oder -handlungen wie z.B. ein Waschzwang etc.). Charakterneurosen – heute als Persönlichkeitsstörungen bezeichnet – waren dadurch charakterisiert, dass die Betroffenen ihr von anderen Personen als störend und abweichend erlebtes Verhalten selbst als normal und zu ihrer Persönlichkeit gehörig erlebten (ich-synton). Die soziale Umgebung der Betroffenen hatte unter deren Verhalten zu leiden, sie selbst aber nicht. 

Doch schauen wir weiter, wie das DSM-5 nun den speziellen Fall einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung definiert. Dabei kommt es im wesentlichen auf diejenigen Persönlichkeitseigenschaften an, die in den fettgedruckten Zeilen beschrieben werden:

A. Signifikante Beeinträchtigung in der Funktionalität der Persönlichkeit, die zum Ausdruck kommt durch:

1. Beeinträchtigung der Selbstfunktionen (a oder b):
a. Identität: Exzessive Bezugnahme auf andere für die Selbst-Definition und für die Regulierung des Selbstwertgefühls; übertriebene Selbsteinschätzung, kann überhöht oder abgesenkt sein oder zwischen Extremen schwanken; emotionale Regulierung spiegelt Schwankungen im Selbstwertgefühl wider.
b. Selbstlenkung: Ziele werden abhängig von der Zustimmung anderer gesetzt; persönliche Standards sind unvernünftig hoch, damit man sich selbst als außergewöhnlich ansehen kann, oder zu niedrig, jeweils abhängig von den Ansprüchen, zu denen man sich berechtigt fühlt.
und
2. Beeinträchtigung der interpersonalen Funktionen (a oder b):
a. Empathie: Beeinträchtigte Fähigkeit, die Gefühle und Bedürfnisse anderer wahrzunehmen oder zu erkennen; übermäßig auf die Reaktionen anderer abgestimmt, jedoch nur, wenn diese Reaktionen als relevant für einen selbst wahrgenommen werden; Über- oder Unterschätzung der eigenen Wirkung auf andere.
b. Intimität: Beziehungen weitgehend oberflächlich und werden unterhalten, soweit sie der Regulation des Selbstwertgefühls dienen; beschränkte Gegenseitigkeit, weil kein echtes Interesse an den Erfahrungen anderer besteht, und Überwiegen des Bedürfnisses nach persönlichem Gewinn.

B. Pathologische Persönlichkeitszüge in den folgenden Bereichen:

1. Zwiespältigkeit, charakterisiert durch:
a. Überzogenes Selbstwertgefühl: Berechtigungsdenken, entweder offen oder verdeckt; Selbst-Zentriertheit; fest davon überzeugt, dass man selbst besser ist als andere; herablassend gegenüber anderen.
b. Aufmerksamkeit heischend: Übermäßiges Bemühen, die Aufmerksamkeit anderer zu erringen und zu erhalten; Heischen von Bewunderung.

C. Die Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsfunktionalität und des Ausdrucks der Persönlichkeit sind über die Zeit und über unterschiedliche Situationen hinweg relativ stabil. (Die im Original noch folgenden Punkte D und E sind für unsere Betrachtung nicht relevant.)

Ich will Sie um Gottes Willen nicht verleiten, aufgrund dieser Beschreibung einschlägiger, von Experten entwickelter und weltweit verwendeter Kriterien für eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung nun Ihrerseits – vermutlich im wesentlichen auf Basis der Fernsehnachrichten über Trump – eine Ferndiagnose zu stellen. Allemal dann nicht, wenn Sie nicht wie ich viel CNN schauen, wo man erheblich mehr Trump live erlebt als auf unseren Sendern. Aber niemand hindert Sie natürlich, mal ganz en passent ein wenig darüber nachzudenken, welche der oben aufgeführten Eigenschaften sich Ihrer Beobachtung nach bei Mr. Trump finden und welche nicht.

Und dann fragen Sie sich nicht, ob der Präsident aufgrund dieser Eigenschaften denn nun ärztlicherseits als psychisch krank zu erklären ist, sondern überlegen Sie doch besser, ob Sie ihn für fähig halten, das Präsidentenamt auszuüben. Denn das ist doch der entscheidende Punkt. Zur Frage der Abgrenzung einer krankheitswertigen von einer nicht-krankheitswertigen Persönlichkeitsstörung gibt es unter den Experten die unterschiedlichsten Ansichten, und die im Bereich der Psyche rein symptomorientiert aufgebauten Diagnosemanuale werden von vielen Fachleuten ganz grundsätzlich kritisiert.

So schrieb der ehemalige langjährige Direktor des National Institutes of Mental HealthThomas Insel, anlässlich der Einführung des DSM-5 im Jahr 2013 in seinem Blog über dieses Diagnosesystem (Hervorhebungen von mir):

„Das Ziel dieses neuen Manuals, wie auch aller vorhergehenden Versionen, ist es, eine gemeinsame Sprache zur Beschreibung der Psychopathologie zur Verfügung zu stellen. Obwohl das DSM oft als „Bibel der Psychiatrie“ bezeichnet wird, ist es bestenfalls ein Wörterbuch, das eine Gruppe von Etiketten [für psychische Störungen] kreiert und jedes Etikett definiert. Die Stärke aller Versionen des DSM liegt in ihrer Reliabilität, d. h., es wurde sichergestellt, dass die Ärzte dieselben Begriffe auf die gleiche Weise benutzen. Seine Schwäche ist jedoch der Mangel an Validität. Im Unterschied zu den Definitionen [körperlicher Erkrankungen] beruhen die DSM-Diagnosen auf einem Expertenkonsens über Bündel (cluster) klinischer Symptome, nicht auf objektiven Laborbefunden. In der restlichen Medizin wäre diese Vorgehensweise damit gleichbedeutend, diagnostische Systeme auf der Grundlage der Natur von Brustschmerzen oder der Qualität von Fieber zu entwickeln. Symptombasierte Diagnosen wurden in den letzten 50 Jahren weitgehend ersetzt (…)“ 

Mein Fazit: Anstatt sich mit dem Problem zu beschäftigen, ob man einen mit wahrlich bemerkenswert auffälligen Persönlichkeitseigenschaften ausgestatteten Menschen wie Donald Trump nun als krank bezeichnen will, sollte man sich mit der viel näherliegenden Frage befassen, ob man ihn für fähig hält, den Anforderungen, die das Amt des Präsidenten der USA an die Person stellt, die es ausübt, gerecht zu werden. Hat er die entsprechenden fachlichen und persönlichen Qualifikationen oder nicht? Ist Donald Trump in der Lage, Amerika zu regieren? Ein Urteil darüber ist das Wesentliche, und ich persönlich finde es auch nicht schwierig.

Für noch interessanter halte ich indes die Frage, wie es möglich war, dass ca. 63 Mill. wahlberechtigte Amerikaner Mr. Trump den Job offenbar zutrauten und ihn gewählt haben. Oder haben ihn möglicherweise viele gewählt, ohne auf die Frage der Qualifikation den geringsten Gedanken zu verwenden? Und wenn ja, warum ist das so?

(mehr …)

Ist Donald Trump psychisch krank, nur persönlichkeitsgestört oder gesund?

Nachdem die Psychiater, Psychologen und Psychoanalytiker der Vereinigten Staaten, die „Mental Health Professionals“, zur Frage der psychischen Verfassung des derzeitigen Präsidenten bisher weitestgehend geschwiegen hatten, ihrer 1973 selbstgesetzen Goldwater Rule folgend, gibt es in den letzten Tagen eine Kontroverse über den psychischen Gesundheitszustand des Präsidenten auf den Opinion Pages der New York Times.

Am 13. Februar 2017 teilten 33 Mental Health Professionals in einem Offenen Brief an die Zeitung ihre Auffassung mit, Donald Trump sei aufgrund seiner gravierenden emotionalen Instabilität außerstande, in zuverlässiger Weise als amerikanischer Präsident zu fungieren (vgl. Amerikanische Psychiater bezweifeln öffentlich Trumps Amtsfähigkeit, Denkraum-Beitrag vom 15. Februar 2017).

Einen Tag später widersprach der Vorsitzende der Expertenkommission, die das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders IV (DSM-IV) entwickelt hatte – viele Jahre lang die Bibel der amerikanischen Psychiater (seit 2013 gibt es das DSM V). Allen Frances, inzwischen emeritierter Professor für Psychiatrie am Duke University Medical College, erklärte zur üblichen Diagnose des Präsidenten – Narzisstische Persönlichkeitsstörung – klipp und klar: „I wrote the criteria that define this disorder, and Mr. Trump doesn’t meet them.“ Trump sei vielleicht ein Weltklasse-Narzisst, aber das bedeute mitnichten, dass er psychisch krank („mentally ill“) sei, denn er leide nicht an den Belastungen und Beeinträchtigungen, die erforderlich seien, um eine psychische Krankheit („mental disorder“) zu diagnostizieren.

„Mr. Trump verursacht eher schwerwiegende Belastungen als dass er sie erlebt, und er wurde für seine Grandiosität, Selbstbezogenheit und das Fehlen von Empathie reich belohnt, nicht bestraft.“ Es sei, so Prof. Frances, eine stigmatisierende Beleidigung gegenüber psychisch Kranken, die meistens wohlmeinend seien und sich gesittet benehmen würden, mit Mr. Trump in einen Topf geworfen zu werden, auf den dies nicht zutreffe.

Nach Auffassung des prominenten Nervenarztes sei „die Zuschreibung psychiatrischer Diagnosen eine unzweckmäßige Methode, Trumps Angriff auf die Demokratie entgegenzutreten.“ Er könne und solle angemessener „wegen seiner Ignoranz, Inkompetenz, Impulsivität und seinem Streben nach diktatorischer Macht angeprangert werden“.

Der Professor schließt mit dem Gedanken, die psychologischen Motive Trumps seien zu offensichtlich, als dass sie interessant wären, und sie zu analysieren werde „seine plötzliche Machtergreifung nicht beenden. Das Gegengift gegen ein dunkles, dystopisches trumpsches Zeitalter ist politisch, nicht psychologisch.“

Hintergrund der Kontroverse der Mental Health-Experten über die Frage, ob gewisse charakterliche Besonderheiten des derzeitigen US-Präsidenten lediglich extreme Ausprägungen weit verbreiteter Persönlichkeitseigenschaften sind oder aber Symptome einer krankheitswertigen psychischen Störung, ist das letztlich ungelöste Problem, wie psychische Krankheit definiert und abgegrenzt werden sollte. Über die betreffenden Kriterien sind die Fachleute, die zumeist entweder dem Lager der verhaltenstheoretisch orientierten oder aber der psychoanalytischen Schulrichtung angehören, alles andere als einig.

Allen Frances vertritt seit Jahren sehr engagiert und exponiert die Auffassung, psychischen Auffälligkeiten nur ausgesprochen restriktiv Krankheitswert zuzuerkennen und kritisiert vor allem die Ausweitung psychiatrischer Diagnosen in dem 2013 fertiggestellten DSM V im Vergleich zu dem unter seiner Leitung erarbeiteten DSM IV.

Außerdem:
  • Ein Kämpfer wider den Diagnosewahn – Felix Straumann – Der Bund, 08.12.2012
    • „Allen Frances war einst einer der einflussreichsten Psychiater der Welt. Heute kritisiert er, seine Kollegen würden immer mehr normale Verhaltensweisen zu psychischen Störungen erklären.“
  • Allen Frances: Normal – Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen – DuMont Verlag, 2013
    • „Vor einer Inflation der Diagnosen in der Psychiatrie warnt (…) der international renommierte Psychiater Allen Frances. Er zeigt auf, welche brisanten Konsequenzen die Veröffentlichung (des DSM-5) haben wird: Alltägliche und zum Leben gehörende Sorgen und Seelenzustände werden als behandlungsbedürftige, geistige Krankheiten kategorisiert. Verständlich und kenntnisreich schildert Allen Frances, was diese Änderungen bedeuten, wie es zu der überhandnehmenden Pathologisierung allgemein menschlicher Verhaltensweisen kommen konnte, welche Interessen dahinterstecken und welche Gegenmaßnahmen es gibt. Ein fundamentales Buch über Geschichte, Gegenwart und Zukunft psychiatrischer Diagnosen sowie über die Grenzen der Psychiatrie – und ein eindrückliches Plädoyer für das Recht, normal zu sein.“
    • Amazon-Seite von Allen Frances
  • Andreas Heinz: Der Begriff der psychischen Krankheit – Suhrkamp, 2014
    • „Im Rahmen der Überarbeitung zentraler Handbücher zur Diagnose und Einordnung psychischer Erkrankungen wird momentan heftig darüber gestritten, wie lange beispielsweise ein Mensch nach dem Tod eines nahen Angehörigen trauern darf, ohne als depressiv oder anderweitig psychisch krank zu gelten. In der Debatte stehen Versorgungsansprüche der Betroffenen sowie deren Ängste vor Pathologisierung und Bevormundung einer medizinischen Wissenschaft gegenüber, die festlegen muss, was als »normal« gelten darf. Der Mediziner und Philosoph Andreas Heinz plädiert angesichts der Diversität menschlicher Lebensformen für einen philosophisch informierten Krankheitsbegriff, der Krankheit als Störung wesentlicher Organfunktionen definiert, die für die betroffene Person schädlich sind oder erhebliches Leid verursachen.“
  • Ist Trumps Narzissmus gefährlich? – Interview mit dem Psychiater Professor Claas-Hinrich Lammers – Wissenschaftsmagazin „Spektrum“, 05.01.2017
    • „Frohes neues Jahr im Weißen Haus! Erst frotzelte der US-Präsident auf Twitter, er habe einen viel größeren Atomknopf als Diktator Kim Jong Un, dann ließ er in einem offiziellen Statement verlauten, sein im Sommer entlassener Chefstratege Steve Bannon habe nicht nur den Job verloren, sondern obendrein noch den Verstand. Was besagen solche Äußerungen über die Persönlichkeit des mächtigsten Mannes der Welt – und müssen wir uns vor seiner narzisstischen, impulsiven Veranlagung fürchten?“

Amerikanische Psychiater bezweifeln öffentlich Trumps Amtsfähigkeit

 

In einem Schreiben an die New York Times, das die Zeitung am 13. Februar 2017 veröffentlichte, bringen 33 US-amerikanische Psychiater und Psychoanalytiker ihre Überzeugung zum Ausdruck, Donald Trump sei infolge seiner gravierenden emotionalen Instabilität außerstande, das Präsidentenamt auszuüben.

Sie beziehen sich zunächst auf einen Meinungsbeitrag des New-York-Times-Kolumnisten Charles M. Blow vom 9. Februar 2017 (s.u.), der Trumps fortwährendes Bedürfnis beschrieben hatte, Opposition gegen ihn „am Boden zu zermahlen“ („He always wants to grind the opposition underfoot“). Diese Besorgnis würden sie als „mental health professionals“ teilen.

Das Schweigen der Mental-Health-Organisationen des Landes sei auf eine selbstauferlegte Entscheidung der American Psychiatric Association aus dem Jahre 1973 zurückzuführen, Personen des öffentlichen Lebens nicht psychiatrisch zu beurteilen – die sogenannte Goldwater Rule. Aber dieses Schweigen habe zur Folge, dass man es in dieser kritischen Zeit unterlasse, die eigene Expertise besorgten Journalisten und Kongressabgeordneten zur Verfügung zu stellen. „Wir fürchten, es steht zuviel auf dem Spiel, als dass weiteres Schweigen gerechtfertigt wäre.“

Die Psychiater fahren fort,

Mr. Trumps Reden und Handlungen zeigen die Unfähigkeit, Ansichten zu tolerieren, die von seinen eigenen abweichen, was [bei ihm stattdessen] wütende Reaktionen nach sich zieht. Seine Äußerungen und sein Verhalten legen eine tiefgreifende Unfähigkeit nahe, sich [in andere Menschen] einzufühlen. Personen mit diesen Eigenschaften verzerren die Realität, damit sie ihrem psychischen Zustand entspricht, indem sie Tatsachen nicht wahr haben wollen und diejenigen angreifen, die diese Fakten offenlegen (Journalisten, Wissenschaftler).

Bei einer mächtigen Führungspersönlichkeit nehmen diese Angriffe wahrscheinlich weiter zu, wenn sich ihr persönlicher Größenmythos zu bestätigen scheint. Wir glauben, dass die gravierende emotionale Instabilität, die sich in Mr. Trumps Redeweise und in seinen Handlungen äußert, ihn unfähig macht, zuverlässig als Präsident zu fungieren. („We believe that the grave emotional instability indicated by Mr. Trump’s speech and actions makes him incapable of serving safely as president“).

(mehr …)

Trumps „Flammenwerfer“ im Video: Senior Advisor Stephen Miller

Die FAZ nennt ihn „Trumps Flammenwerfer“, der Focus seinen „Brandbeschleuniger“. Stephen Miller gilt als der schärfste Hund unter den Chefberatern Donald Trumps im Weißen Haus. Schon im Wahlkampf sein Redenschreiber, war er, wie man inzwischen weiß, auch der wesentliche Autor von Trumps höchst umstrittener, mit alttestamentarischer Rhetorik angereicherter Rede zur Amtseinführung.

Am Wochenende gab Stephen Miller gleich mehreren US-Fernsehsendern Interviews, um die Aktionen seines Präsidenten zu verteidigen. Er tat dies mit einer Schärfe, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt und gestandenen amerikanischen TV-Moderatoren wie Joe Scarborough („Morning Joe“) im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlug. Miller verteidigte Donald Trump nicht nur, er griff auch die Gerichte scharf an, die nicht befugt seien, den Einreisestop des Präsidenten zu blockieren, und verherrlichte die überwältigende militärische Macht der Vereinigten Staaten. Trump sei übrigens „einhundert Prozent korrekt“, ebenso wie sein Pressesprecher.

Die ersten Minuten des Morning-Joe-Videos vermitteln ein eindrucksvolles Bild dieses grässlichen Senior Advisors des US-Präsidenten – ein Zusammenschnitt von Interviewäußerungen Millers am Wochenende, gefolgt von der entsetzten Reaktion von Joe Scarborough und seinen Gästen in der heutigen Sendung.

Einer fand Stephen Miller allerdings richtig toll:

Congratulations Stephen Miller- on representing me this morning on the various Sunday morning shows. Great job!

— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) February 12, 2017

Außerdem:

Was sieben Tweets über den US-Präsidenten aussagen

Half the harm that is done in this world
Is due to people who want to feel important.
They don’t mean to do harm — but the harm does not interest them.
Or they do not see it, or they justify it
Because they are absorbed in the endless struggle
To think well of themselves.

T.S. Eliot, The Cocktail Party

Bekanntlich erließ ein Richter im US-Bundestaat Washington am 03.02.2017 eine Einstweilige Verfügung, die ein höchst umstrittenes Dekret („Executive Order“) von US-Präsident Trump landesweit außer Kraft setzte, mit dem ein Einreisestop für Bürger aus sieben vorwiegend muslimischen Staaten verhängt worden war. Ein Berufungsgericht bestätigte diese Einstweilige Verfügung zunächst vorläufig am darauffolgenden Tag und endültig am 09.02.2017.


UNITED STATES COURT OF APPEALS FOR THE NINTH CIRCUIT

Motion for Stay of an Order of the United States District Court for the Western District of Washington James L. Robart, District Judge, Presiding Argued and Submitted February 7, 2017 Filed February 9, 2017 –  Before: William C. Canby, Richard R. Clifton, and Michelle T. Friedland, Circuit Judges

Per Curiam  Order


Donald Trump reagierte auf die ersten beiden Gerichtsbeschlüsse mit einer Serie von Tweets, die ein bezeichnendes Licht auf das Amtsverständnis und, allgemeiner, auf das Denken, Fühlen und Handeln des US-Präsidenten werfen. Sie zeigen eindrucksvoll, warum Trump nicht nur vollkommen unqualifiziert und unfähig ist, das Präsidentenamt auszuüben, sondern darüber hinaus brandgefährlich.

Schauen wir uns die präsidialen Kommentare genauer an:

When a country is no longer able to say who can, and who cannot, come in & out, especially for reasons of safety &.security – big trouble!

(Wenn ein Land nicht länger in der Lage ist zu bestimmen, wer hinein und heraus kann und wer nicht, vor allem aus Gründen der Sicherheit und des Schutzes – großes Problem!)

Gleich in seinem ersten Tweet lässt Trump erkennen, dass er die grundlegendsten staats- bzw. verfassungsrechtlichen Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaats nicht verstanden hat. „Das Land“ als solches kann selbstverständlich nicht bestimmen, wer hinein darf und wer heraus kann. „Das Land“ kann gar nichts bestimmen.

Auch Donald ist bewusst: ein Land muss regiert werden – und insgeheim wird er wohl denken, dafür hat es ja jetzt mich. Ich bin jetzt Präsident und werde die Vereinigten Staaten nun regieren, und zwar vorzugsweise mit von mir erlassenen Dekreten. Im Kongress sitzt dieses ganze Washingtoner Establishment, das möchte nur allzu gern mitreden, aber, wie ich diesen Leuten in meiner Rede zur Amtseinführung schon ins Gesicht gesagt habe, denken die letztlich nur an ihre eigenen Interessen. Ich werde, so habe ich versprochen, das Land jedoch im wohlverstandenen Interesse des Volkes regieren. In einer Demokratie geht die Staatsgewalt vom Volk aus, das hat mich zu seinem Präsidenten gewählt, also werde ich die Staatsgewalt jetzt ausüben. So in etwa könnte Donald denken.

Aber so haben die Gründungsväter der Vereinigten Staaten es sich nicht vorgestellt und dem Land vor mehr als 200 Jahren klugerweise eine Verfassung gegeben, die den meisten Amerikanern bis heute hoch und heilig ist. Darin haben sie festgelegt, wie die Staatsgewalt aufgeteilt werden soll. Inspiriert wurden sie von Gedanken, die in Europa damals, zur Zeit der Aufklärung, populär wurden, unter anderem von der Idee, die staatliche Macht auf drei Instanzen aufzuteilen, in den USA als „checks and balances“ bezeichnet : Das Parlament, der amerikanische Kongress, sollte dem Handeln des Landes eine gesetzliche Grundlage geben (Legislative), die Regierung und die Verwaltung sollten das staatliche Handeln auf dieser Grundlage ausführen (Exekutive) und eine unabhängige Gerichtsbarkeit sollte die Einhaltung der Gesetze kontrollieren (Judikative). Die Staatsgewalt wurde also auf verschiedene Staatsorgane aufgeteilt, die jeweils diejenigen staatlichen Hoheitsakte ausüben sollten, zu denen die Verfassung sie legitimiert.

Donald Trump hätte also zwei einschränkende Voraussetzungen zu beachten, wenn er eine Executive Order erlassen will:

  • Ist der Präsident als exekutives Staatsorgan legitimiert, das betreffende Dekret zu erlassen?
  • Bewegen sich die erlassenen Verordnungen im Rahmen des geltenden Rechts?

Zunächst wäre also zu klären, ob der US-Präsident nach dem Verfassungsrecht der USA berechtigt ist, mittels einer Executive Order anzuordnen, dass Bürger bestimmter Staaten nicht in die USA einreisen dürfen. Es wäre ja beispielsweise denkbar, dass einer solchen Anordnung zunächst durch die legislativen Staatsorgane, in den USA also durch den Kongress, eine gesetzliche Grundlage verschafft werden müsste.

Wenn der Präsident grundsätzlich berechtigt ist, eine derartige Verordnung zu erlassen, so ist im nächsten Schritt zu fragen, welcher vorgegebene rechtliche Rahmen dabei zu beachten ist. Zum Beispiel könnte der verfassungsmäßige Gleichheitsgrundsatz oder die Religionsfreiheit verletzt sein.

Mit seinen Tweets gibt der Präsident zu erkennen, dass er mit grundlegenden verfassungsrechtlichen Prinzipien der Vereinigten Staaten nicht vertraut ist. Vor allem scheint ihm nicht bewußt zu sein, dass auch der US-Präsident Rechtsnormen unterworfen ist, die er sorgfältig zu beachten hat.

The opinion of this so-called judge, which essentially takes law-enforcement away from our country, is ridiculous and will be overturned!

(Die Auffassung dieses sogenannten Richters, die unserem Land im Grunde genommen die [Möglichkeit der] Rechtsdurchsetzung wegnimmt, ist lächerlich und wird aufgehoben werden! )

Dieser Twitter-Kommentar Trumps enthält eine herabsetzende Äußerung eines US-Präsidenten über einen Bundesrichter, die beispiellos ist. Indem er den von Präsident George W. Bush in sein Amt berufenen Richter James Robart einen „sogenannten Richter“ nennt, spricht Trump ihm die Legitimität ab, das Richteramt auszuüben. Überdies maßt er sich ein herabwürdigendes Urteil über die Rechtsprechung des Richters an, nennt sie „lächerlich“ und „ist sicher, dass das Urteil aufgehoben wird.“ Offenbar geht Trump davon aus, als Präsident über dem Recht zu stehen. Jedenfalls respektiert er nicht die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Justiz. 

Entgegen der Auffassung Trumps wird dem Land durch die richterliche Entscheidung keineswegs die Rechtsdurchsetzung weggenommen, sondern der Staat wird auf dem verfassungsrechtlich dafür vorgesehenen Weg daran gehindert, weiterhin Handlungen zu vollziehen, die nach Überzeugung des Richters rechtswidrig sind.

Der nächste Tweet: „MAKE AMERICA GREAT AGAIN!“ will mir wie das Pfeifen im Walde eines Menschen erscheinen, der ahnt, dass ihm die Felle davonzuschwimmen drohen.

What is our country coming to when a judge can halt a Homeland Security travel ban and anyone, even with bad intentions, can come into U.S.?

(Wo führt es unser Land hin, wenn ein Richter einen Einreisestop des Heimatschutzes blockieren kann und jeder, auch mit schlechten Absichten, kann in die Vereinigten Staaten einreisen?)

Wieder zeigt sich: Donald hat nicht verstanden, wie der amerikanische Rechtsstaat funktioniert. Einen Einreisestop darf der Richter dann und nur dann blockieren, wenn er zu der Überzeugung kommt, dass der betreffende Präsidentenerlass gegen geltendes Recht verstößt. Diese Entscheidung des Richters kann der Präsident anfechten und von einem Berufungsgericht überprüfen lassen. Allerdings üben Gerichte in einem Rechtsstaat die rechtsprechende Gewalt unabhängig von den anderen Staatsorganen aus, d.h., weder der Präsident noch das Parlament können ihnen Direktiven erteilen. Vielmehr sind es die Gerichte, die das Handeln der Exekutive, also der Regierung und der nachgeordneten Verwaltung, daraufhin kontrollieren, ob es rechtskonform ist.

Because the ban was lifted by a judge, many very bad and dangerous people may be pouring into our country. A terrible decision.

(Weil der Einreisestop durch einen Richter aufgehoben wurde, werden vielleicht viele sehr schlechte und gefährliche Leute in unser Land strömen. Eine schreckliche Entscheidung!)

Ein schrecklicher Tweet des Präsidenten. Er versucht die Bevölkerung zu manipulieren, indem er den Teufel an die Wand malt und wider besseren Wissens behauptet, aufgrund der Aufhebung des Einreisestops durch einen Richter würden „vielleicht viele sehr schlechte und gefährliche Leute in unser Land strömen“. Er versucht also, die Angst vor Terroranschlägen in der Bevölkerung zu schüren.

Zumindest in der Vergangenheit hat es aber mit Bürgern der betroffenen sieben Staaten in dieser Hinsicht keine Probleme gegeben. Keiner der bisherigen Terrorakte in den USA wurde von einem Staatsangehörigen eines dieser Länder verübt. Zudem werden Einreisewillige aus Staaten, die nicht in das für 38 Staaten geltende Visa Waiver Program einbezogen sind, einer außerordentlich intensiven Überprüfung unterzogen, bevor sie ein Visum erhalten. Im Fall eines Einwanderungsvisums kann diese Prüfung bis zu zwei Jahren dauern, bevor eine Entscheidung durch die US Customs and Border Protection zustande kommt.

The judge opens up our country to potential terrorists and others that do not have our best interests at heart. Bad people are very happy!

(Der Richter öffnet unser Land potenziellen Terroristen und anderen, die nicht unser Bestes wollen. Die schlechten Menschen sind sehr froh!)

Weiter diskreditiert der Präsident den Richter, indem er ihm unterstellt, die Grenzen der Vereinigten Staaten für Terroristen zu öffnen. Der hat jedoch nur seine Aufgabe erfüllt, eine Executive Order des Präsidenten daraufhin zu überprüfen, ob sie rechtskonform ist, und ist zu der Überzeugung gelangt, sie ist es nicht. Darum hat er sie Kraft seines Amtes einstweilig aufgehoben und bis auf weiteres die vorherige Rechtslage wieder hergestellt.

Wieder versucht der Präsident zu manipulieren, indem er die Angst der Bevölkerung vor Terrorattacken ausbeutet. In seinem nächsten Tweet spitzt Trump seinen Manipulationsversuch noch zu, indem er verkündet, er könne nicht glauben, dass ein Richter das Land einer derartigen Gefahr aussetzt, und indem er seine Anklage auf das gesamte Gerichtssystem der Vereinigten Staaten erweitert.

Just cannot believe a judge would put our country in such peril. If something happens blame him and court system. People pouring in. Bad!

([Ich] kann nicht glauben, dass ein Richter unser Land einer derartigen Gefahr aussetzt. Falls etwas passiert, geben Sie die Schuld ihm und dem Gerichtssystem. Leute strömen herein. Schlimm!)

Der Präsident will der Bevölkerung ein X für ein U vormachen: Tatsächlich geht es allein darum, ein höchst umstrittenes Dekret des Präsidenten gerichtlich auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, eine Verordnung, die weltweit für Empörung und zudem für chaotische Zustände gesorgt hat, weil Einreisenden bereits erteilte Visa wieder entzogen und sie in ihre Heimatländer zurückgeschickt wurden. Angesichts der Tatsache, dass die Erteilung eines Einreisevisums in die USA an Staatsangehörige der sieben Länder ohnehin eine intensive Überprüfung dieser Personen voraussetzt, ist es vollkommen irreführend, von „vielen sehr schlechten und gefährlichen Leuten“ zu sprechen, die nun ins Land strömen werden. Donald Trump lässt einfach seinen blühenden paranoiden Phantasien freien Lauf, wohl wissend, dass dies in großen Teilen der Bevölkerung seine Wirkung nicht verfehlt. 

The Atlantic Daily kommentiert dies als weiteres Beispiel für Trumps Neigung, jede Institution zu attackieren, von der er sich herausgefordert fühlt, von der Presse bis zu den Geheimdiensten. Allerdings sei es besonders problematisch, die Justiz anzugreifen, angesichts ihrer verfassungsrechtlich vorgesehenen Aufgabe, das Handeln der Exekutive daraufhin zu kontrolieren, ob es geltendes Recht beachtet.

Dies alles ist ein irrationales, böswilliges Verhalten des Präsidenten, das allein durch seinen Ärger über die Niederlage in diesem Rechtsstreit motiviert ist. Es demonstriert eindrucksvoll die Neigung Trumps, als „Counterpuncher“, wie er sich selbst charakterisiert, zu agieren und sich „twice as hard“ zu revanchieren, wenn er sich angegriffen fühlt oder gar eine Niederlage einstecken muss. Diese Eigenschaft bei einem Menschen, der das mit einer immensen Machtfülle ausgestattete Amt des amerikanischen Präsidenten ausübt, bringt erhebliche Gefahren mit sich. Der Präsident handelt nicht wohlüberlegt im besten Interesse seines Landes, sondern getrieben von seinen Emotionen. Ist er verärgert, eskaliert Trump jeden Konflikt. Auf der weltpolitischen Ebene eskalierte er bereits in den ersten beiden Wochen seiner Amtszeit den Konflikt mit dem Iran sowie den Nahostkonflikt, indem er sich allzu deutlich auf die Seite Netanjahus stellte, der sich sogleich ermutigt fühlte, 6000 (!) neue Wohnungen für israelische Siedler im Westjordanland zu genehmigen.

Donald Trump reguliert und steuert sein Handeln nicht nach Kriterien der Venunft und Rationalität, sondern reagiert impulsiv so, wie seine Emotionen es ihm vorgeben. Die Konsequenzen, die seine emotionalen Spontanreaktionen nach sich ziehen, bleiben unberücksichtigt. Der gegenwärtige Präsident der Vereinigten Staaten verfügt nicht über einen freien Willen auf der Grundlage von Selbstkontrolle und rationaler Überlegung. Er ist ein Getriebener seiner jeweiligen psychischen Bedürfnisse und Impulse, die sehr häufig aggressiv getönt sind. Auf diese Weise ist er eine ständige Provokation und eskaliert jeden Konflikt. Das macht ihn brandgefährlich.

(mehr …)

Präsident Donald Trump: Chronik eines vorhersehbaren Scheiterns (2)

In meinem Beitrag vom 23. Januar 2017 habe ich die Auffassung vertreten, Donald Trump werde noch vor dem Ende seiner Amtszeit als US-Präsident scheitern, weil er aufgrund seiner erheblichen Persönlichkeitsstörungen dem Präsidentenamt nicht gewachsen ist, was im Laufe der Zeit auch für eine breite Öffentlichkeit erkennbar werden wird. Inzwischen denke ich, Trump wird nicht einmal das erste Jahr im Präsidentenamt überstehen.

Ein treffendes Beispiel für gravierende persönlichkeitsbedingte Einschränkungen der rationalen, vernunftgesteuerten Handlungfähigkeit Trumps ist sein Telefongespräch mit dem australischen Premierminister Turnbull am vergangenen Samstag, über das jetzt Details bekannt werden. Australien ist bekanntlich einer der engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten. Trump ärgerte sich über ein noch mit der Obama-Administration ausgehandeltes Abkommen zwischen beiden Ländern, in dem die USA sich verpflichtet hatte, Australien 1.250 Flüchtlinge abzunehmen. Seinen Ärger darüber ließ Trump unverblümt an Premier Turnbull aus, erklärte ihm u.a., dies sei „mit Abstand das schlimmste Telefonat“ (“this was the worst call by far”), das er heute geführt habe, nach Telefonaten u.a. mit Putin und Angela Merkel, und beendete das auf eine Stunde angesetzte Gespräch abrupt und wütend nach 25 Minuten.

Das Problem ist, dass Trump nicht in der Lage ist, in derartigen Gesprächen bzw. trump-spiegeltitelVerhandlungen von seiner Person abzusehen und sich auf die Sache zu konzentrieren, dass er viel zu emotional reagiert und seinen Ärger und seine Ungeduld nicht zu kontrollieren vermag. In seiner grenzenlosen Selbstbezogenheit verwendet er auch diese Gelegenheiten z.B. zu vollkommen deplazierten Prahlereien mit seinen Wahlerfolgen. Mitarbeiter im Weißen Haus bezeichnen sein Verhalten in derartigen Gesprächen als „naiv“ (s. Links oben).

Irgendwann werden auch Trumps Wähler merken, dass dessen großspurige Wahlversprechen weitgehend leere Versprechungen eines von Größenphantasien besessenen Psychopathen waren.

Zunehmend werden jetzt auch in den Vereinigten Staaten Stellungnahmen von Psychotherapeuten („shrinks“) und Psychiatern veröffentlicht, die bei Donald Trump eine „mental illness“ diagnostizieren und es als ihre Aufgabe ansehen, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, welche Gefahren damit verbunden sind, wenn eine Person mit derart gravierenden psychischen Störungen das Amt des US-Präsidenten bekleidet.

  • Temperament Tantrum – Susan Milligan – US News, 27.01.2017
    • „Some say President Donald Trump’s personality isn’t just flawed, it’s dangerous.“
  • President Trump exhibits classic signs of mental illness, including ‚malignant narcissism,‘ shrinks say – Gersh Kuntzman – New York Daily News, 29.01.2017
    • „The time has come to say it: there is something psychologically wrong with the President.“
    • „(…) frightened by the President’s hubris, narcissism, defensiveness, belief in untrue things, conspiratorial reflexiveness and attacks on opponents, mental health professionals are finally speaking out. The goal is not merely to define the Madness of King Donald, but to warn the public where it will inevitably lead.“
    • A top psychotherapist affiliated with the esteemed Johns Hopkins University Medical School said Trump „is dangerously mentally ill and temperamentally incapable of being president.” The expert, John D. Gartner, went on to diagnose Trump with “malignant narcissism.”
    • In an earlier effort just after the election, thousands of shrinks joined a new group called „Citizen Therapists Against Trumpism,“ which quickly released a „Public Manifesto“ to warn America about its leader’s apparent psychosis.
    • „We cannot remain silent as we witness the rise of an American form of fascism,“ the manifesto states. The psychological warning signs? „Scapegoating …, degrading, ridiculing, and demeaning rivals and critics, fostering a cult of the Strong Man who appeals to fear and anger, promises to solve our problems if we just trust in him, reinvents history and has little concern for truth (and) sees no need for rational persuasion.“
  • ‘Crazy like a fox’: Mental health experts try to get inside Trump’s mindSharon BegleySTAT, 30.01.2017
    • „STAT interviewed 10 psychiatrists and psychologists — some supporters of Trump, some not — about the president’s behavior and what it might say about his personality and mental health. All are respected in their field and close observers of Trump. They based their views on his books, public statements, appearances, and tweets, but emphasized that they have no firsthand knowledge of Trump.“
  • Why psychiatrists are speaking out about Donald Trump’s mental health – Independent, 31.01.2017
    • „We cannot remain silent as we witness the rise of an American form of fascism“

In einem interessanten Artikel setzt sich Gersh Kuntzman (s.o.) aus einer psychologischen Perspektive eingehend mit der Frage auseinander, warum Donald Trump so viele Wähler überzeugen konnte, ihm ihre Stimme zu geben, und befragt dazu mehrere Experten.

  • Basic ‘lizard brain’ psychology can explain the rise of Donald Trump – Gersh Kuntzman – New York Daily News, 01.02.2017
    • „On Sunday, I told you what’s wrong with him. Today, we need to examine what’s wrong with us. Indeed, if almost half of America supports a President who more and more psychological experts believe has a personality disorder bordering on mental illness, there must certainly be something wrong with those supporters, too. There is: They crave a strongman above all else — even above democracy itself. Call it what you will — the „Authoritarian Dynamic,“ basic Freudianism, fear, insecurity, tribalism or even the rise of the „lizard brain“ — but Donald Trump’s rise follows a well-documented psychological path.“

Der gleichen Fragestellung ging ich in einem Beitrag aus dem Februar 2016 nach:

  • Donald Trump und der republikanische Wähler – Denkraum, 06.02.2016
    • „Der Erfolg eines Rechtspopulisten wie Donald Trump beruht letztlich auf der Mentalität seiner Anhänger. Trumps rüdes, selbstherrliches Auftreten als Ausdruck seiner narzisstischen Persönlichkeitsstruktur und die psychische Struktur seiner republikanischen Wähler passen zusammen wie ein Schlüssel zum Schloss.“

Inzwischen kommen zunehmend auch Kommentatoren in den Vereinigten Staaten zu der Überzeugung, die Präsidentschaft Donald Trumps werde ein vorzeitiges Ende nehmen.  

  • A Clarifying Moment in American History – Eliot A. Cohen – The Atlantic, 29.01.2017
    • „There should be nothing surprising about what Donald Trump has done in his first week—but he has underestimated the resilience of Americans and their institutions.“
    • „Many conservative foreign-policy and national-security experts saw the dangers last spring and summer, which is why we signed letters denouncing not Trump’s policies but his temperament; not his program but his character. We were right. (…) Precisely because the problem is one of temperament and character, it will not get better. It will get worse, as power intoxicates Trump and those around him. It will probably end in calamity—substantial domestic protest and violence, a breakdown of international economic relationships, the collapse of major alliances, or perhaps one or more new wars (even with China) on top of the ones we already have. It will not be surprising in the slightest if his term ends not in four or in eight years, but sooner, with impeachment or removal under the 25th Amendment. The sooner Americans get used to these likelihoods, the better.“
    • „In the end, however, he will fail. He will fail because however shrewd his tactics are, his strategy is terrible—The New York Times, the CIA, Mexican Americans, and all the others he has attacked are not going away. With every act he makes new enemies for himself and strengthens their commitment; he has his followers, but he gains no new friends. He will fail because he cannot corrupt the courts, and because even the most timid senator sooner or later will say “enough.” He will fail most of all because at the end of the day most Americans, including most of those who voted for him, are decent people who have no desire to live in an American version of Tayyip Erdogan’s Turkey, or Viktor Orban’s Hungary, or Vladimir Putin’s Russia. There was nothing unanticipated in this first disturbing week of the Trump administration. It will not get better. Americans should therefore steel themselves, and hold their representatives to account. Those in a position to take a stand should do so, and those who are not should lay the groundwork for a better day. There is nothing great about the America that Trump thinks he is going to make; but in the end, it is the greatness of America that will stop him.
  • The Inevitability Of Impeachment – After just one week. – Robert Kuttner – Huffington Post, 29.01.2017
    • „Trump has been trying to govern by impulse, on whim, for personal retribution, for profit, by decree ― as if he had been elected dictator. It doesn’t work, and the wheels are coming off the bus. After a week! Impeachment is gaining ground because it is the only way to get him out, and because Republicans are already deserting this president in droves, and because the man is psychiatrically incapable of checking whether something is legal before he does it. Impeachment is gaining ground because it’s so horribly clear that Trump is unfit for office. The grownups around Trump, even the most slavishly loyal ones, spend half their time trying to rein him in, but it can’t be done.“
  • Why Trump Won’t Serve His Full First Term – Fabrizio Moreira – Huffington Post, 30.01.2017
    • „We’re just one week into the administration of the 45th President of the United States and already we’ve seen signs the end might be near.“
  • Former Nixon lawyer predicts Trump presidency ‚will end in calamity‘ – Politico, 31.01.2017
    • „Noting the turbulence that characterized Trump’s first week in office, John Dean, the former White House counsel to Richard Nixon, predicted that [Trump’s] presidency will end in disaster.“
      • „Donald Trump is in the process of trashing the American presidency. He is just getting started. He thinks he is bigger than the office.“
      • „Because Trump has no empathy he doesn’t understand it in others. He’s one cold heartless dude. Ripping families apart is not mean to Trump.“

Präsident Donald Trump: Chronik eines vorhersehbaren Scheiterns

Aus psychologischer Sicht wird die Prognose begründet, Donald Trump werde noch vor Ende seiner Amtszeit scheitern, weil er aufgrund seiner gravierenden Persönlichkeitsstörungen dem Präsidentenamt nicht gewachsen sein wird, was im Laufe der Zeit auch für eine breite Öffentlichkeit zunehmend erkennbar werden wird. Die Folgen der narzisstischen und paranoiden Persönlichkeitsanteile Donald Trumps für seine Amtsführung werden beschrieben, ebenso seine erheblichen Arbeitsstörungen.

Die Erfordernisse, die das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten an den Amtsinhaber notwendigerweise stellt und die Persönlichkeit Donald Trumps sind inkompatibel. Trump wird dem Amt nicht gewachsen sein. Das Diktum „Man wächst mit seinen Aufgaben“ wird auf ihn nicht zutreffen, weil seine Erlebens- und Verhaltensschemata weitgehend durch seine gravierende narzisstische Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit erheblichen paranoiden Tendenzen festgelegt („constrained“) sind. Er wird sich nur in höchst begrenztem Maße als lernfähig erweisen und daher auch nicht in der Lage sein, in das Präsidentenamt hineinzuwachsen.

Die Aufgabe, ein Land zu regieren und internationale Beziehungen zu gestalten, erfordert Kompetenzen, die im Regelfall bereits über die Fähigkeiten eines psychisch gesunden, erfolgreichen Immobilienunternehmers weit hinausgehen (einen Berufsstand, den man bei uns im Volksmund auch als „Baulöwen“ bezeichnet). Donald Trump verfügt über diese Kompetenzen schon deshalb nicht, weil seine Anpassungsfähigkeit an die Aufgaben, die sein Amt mit sich bringt, infolge tiefgreifender psychopathologischer Persönlichkeitskomponenten erheblich eingeschränkt ist. Insbesondere seine selbstherrliche Egozentrik und die damit verbundene Unfähigkeit, die Dinge auch aus der Perspektive der Anderen – seiner Verhandlungspartner, politischen Gegenspieler etc. – wahrnehmen zu können und die eigene Perspektive dadurch verändern zu lassen, werden einem erfolgreichen politischen Agieren im Wege stehen.

Psychologisch ausgedrückt fehlt Trump weitgehend die Fähigkeit zur kognitiven Akkomodation: „Wenn eine bestimmte Wahrnehmung nicht mehr in die bestehenden Schemata eingeordnet werden kann (Assimilation), modifiziert das Individuum bestehende Schemata oder schafft neue, passt also sein Inneres an die sich verändernde Außenwelt an.“ [Akkommodation (Lernpsychologie)]. Diese Fähigkeit zur Anpassung der eigenen Denkschemata an Wirklichkeitsaspekte, die mit den vorhandenen, gewohnten Interpretationen der Realität nicht angemessen zu verstehen und zu bewältigen sind (eine grundlegende Form, aus Erfahrungen zu lernen), steht einem Menschen, der wie Trump ganz darauf ausgerichtet ist, seiner Umwelt das eigene Denken, die eigene Sichtweise aufzuoktoyieren, nur höchst eingeschränkt zur Verfügung.


Narzisstische Persönlichkeitseigenschaften (Zusammenfassung nach Wikipedia): Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind durch folgende Eigenschaften in ihrer persönlichen Funktionsfähigkeit eingeschränkt:

  • Überzogenes Selbstwertgefühl: Gefühl der Großartigkeit der eigenen Person; grandioses Verständnis der eigenen Wichtigkeit; Überzeugung, „besonders“ und einzigartig zu sein; Talente und Leistungen werden übertrieben; Erwartung, auch ohne entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden. Viele Narzissten sind jedoch, zumeist im Berufsleben, sehr erfolgreich und rechtfertigen damit ihre hohe Selbsteinschätzung.
  • Phantasien grenzenlosen Erfolgs, grenzenloser Macht und Brillanz.
  • Bedürfnis nach exzessiver Aufmerksamkeit und Bewunderung („narzisstische Zufuhr“)
  • Hohe Kränkbarkeit: Auf Kritik, Niederlagen, Zurückweisung oder Beschämung  („narzisstische Kränkungen“) reagieren Narzissten intensiver als andere Menschen. Die Reaktion auf Kritik besteht meist in einer scharfen Attacke gegen die kritisierende Person.
  • Selbstbezogenheit; Mangel an Empathie bzw. Einfühlungsvermögen; kein echtes Interesse an den Bedürfnissen und Gefühlen Anderer; die Bereitschaft fehlt, darauf Rücksicht zu nehmen bzw. einzugehen.
  • Anspruchs- und Berechtigungsdenken; Erwartung an eine bevorzugte Behandlung und das Gefühl, dazu berechtigt zu sein. Infolge ihres mangelnden Einfühlungsvermögen und ihres Berechtigungsdenken sind Narzissten für zwischenmenschliche Konflikte prädestiniert, die schnell eskalieren und in Wutanfälle münden können.
  • Ausbeuterischer Beziehungsstil; Mangel an gleichberechtigter Gegenseitigkeit; Andere dienen allein dazu, eigene Ziele zu erreichen.
  • Arrogant und hochmütig; herablassend gegenüber anderen.

Der Rest der Welt wird nicht bereit sein, sich den eigenwilligen, teilweise bizarren Spielregeln zu unterwerfen, nach denen Trump Politik zu machen gedenkt. Man wird ihn zu umgehen versuchen, ihn auflaufen lassen oder ausbremsen, aber sich nicht den Bedingungen und Implikationen einer simplifizierenden „America first“-Machtpolitik beugen. Trump wird von der Komplexität des realpolitischen Alltags weitgehend überfordert sein und diese Komplexität weder rational erfassen und analysieren können, noch ihr mit dem Methodenrepertoire, das ihm aus dem Geschäftsleben vertraut ist, gerecht werden können. Er wird versuchen, sie auf undifferenzierte, holzschnittartige Weise zu vereinfachen, die in aller Regel von seinen grundlegenden, charakterbedingten Überzeugungen eingefärbt sein wird (aktuelles Beispiel:“75 % aller gesetzlichen Auflagen und Regularien für Unternehmer können abgeschafft werden, wenn nicht mehr“).

Trumps Urteilsbildung wird nicht auf der Grundlage sorgfältiger Analysen der Konsequenzen erfolgen, die seine Entscheidungen nach sich ziehen, nicht zu reden von der Berücksichtigung möglicher Neben- und Sekundärfolgen. Das Durchspielen verschiedener Szenarien, die vorausschauende, abwägende Beschäftigung mit den Schachzügen, mit denen die anderen politischen Player auf seine Entscheidungen reagieren könnten, das nüchterne Einkalkulieren auch unerwünschter Handlungsfolgen und deren Berücksichtigung bereits im Vorfeld der eigenen Entscheidung: all das wird die Sache Trumps nicht sein, und sollte er entsprechende Briefings mit seinen Mitarbeitern überhaupt durchführen oder deren vorbereitende Papiere lesen, so wird er sich darüber hinwegsetzen und seinen eigenen Einschätzungen und Urteilen den Vorzug geben. Trumps Urteilsbildung wird weitgehend von seiner Lust an Machtausübung und der Demonstration eigener Stärke geprägt sein, und sein Handeln wird Züge von ideosynkratischer Willkür aufweisen, wie bereits in seiner ersten Arbeitswoche im Amt des Präsidenten überdeutlich wurde.

Man mag sich nicht vorstellen, wie die Kubakrise verlaufen wäre, wenn damals Trump anstatt Kennedy US-Präsident gewesen wäre.


„He could be a daring and ruthlessly aggressive decision maker who desperately desires to create the strongest, tallest, shiniest, and most awesome result—and who never thinks twice about the collateral damage he will leave behind.“ (Dan P. McAdams, The Mind of Donald Trump, The Atlantic, Juni 2016)


Im Wahlkampf hat er es immer wieder gesagt: er will, „dass Amerika wieder gewinnt“. So wie er als Unternehmer in zahllose Rechtsstreitigkeiten verstrickt war und, wie er sagte, kein „Settler“ sei, also keine Vergleiche schließen, sondern die Prozesse gewinnen wollte, so will er auch politische Konflikte aus einer Position der Stärke heraus „gewinnen“ – notfalls auch militärisch. Die politische Arena erscheint ihm als Kampfplatz, auf dem es darum geht, als Sieger vom Platz zu gehen. Nicht von ungefähr bekannte seine Frau in einem Interview freimütig, oft unter dem Eindruck zu stehen, es zuhause mit zwei 10jährigen zu tun zu haben.

Trump ist somit das absolute Gegenteil eines Friedenspolitikers wie z.B. Willy Brandt, und es würde mich keineswegs wundern, wenn er die Vereinigten Staaten wieder in einen Krieg führen würde. Folgerichtig ist eine massive militärische Aufrüstung der USA eines seiner vorrangigsten Ziele.

Eine weitere Eigenschaft des gegenwärtigen amerikanischen Präsidenten führt tief in den Bereich der Psychopathologie: Er neigt dazu, Verschwörungstheorien anzuhängen, von denen er jahrelang überzeugt sein kann und sich auch öffentlich für die betreffenden Thesen engagiert. So war er über mehrere Jahre ein prominenter Vertreter der sogenannten Birther-Bewegung in den Vereinigten Staaten, die behauptete, Barack Obama sei kein natural born citizen und daher nicht wählbar. Derzeit schlägt die Überzeugung Trumps in den USA hohe Wellen, bei der Präsidentenwahl hätten ca. 3 – 5 Millionen illegale Wählerstimmen den Ausschlag dafür gegeben, dass er nicht auch die sog. „popular vote“ gewonnen habe. Die These, es habe bei den Präsidentenwahlen Wahlbetrug in einer nennenswerten Größenordnung gegeben, wird in den USA von Fachleuten und Politikern einmütig für abwegig gehalten. Trump will nun eine offizielle Untersuchung in Auftrag geben, die seine Überzeigung bestätigen soll.

Der Begriff „Verschwörungstheorie“ ist insofern irreführend, als die betreffenden paranoiden Vorstellungen in vielen Fällen nicht um konspirative Verschwörungen im engeren Sinn kreisen, sondern in allgemeinerer Form auf der Überzeugung einer Vielfalt von verborgenen, verdeckten feindseligen Tendenzen in der Welt beruhen, die dann bestimmten Akteuren zugeschrieben werden: „the dishonest press“, „the mexicans“, „the muslims“ etc.. Ein Mensch mit einer paranoiden Mentalität geht ständig davon aus, andere wollten ihn, seinen Besitz oder sein Land bedrohen, schädigen oder betrügen. Er präsentiert dafür dann auch„Beweise“, die ihm völlig überzeugend erscheinen, auch wenn er mit Tatsachen konfrontiert wird, die seine Vorstellungen widerlegen.


 – 30.01.2017


Derartige Überzeugungen haben zumeist den Charakter überwertiger Ideen, sie erscheinen den Betroffenen als außerordentlich bedeutungsvoll und haben für ihr geistig-seelisches Leben einen hohen Stellenwert. Die Vorstellung, dass der amerikanische Präsident zu solcherart bizarren, realitätsfernen Vorstellungen neigt und seine Entscheidungen und sein Handeln davon beeinflusst werden, ja dass er davon geradezu besessen sein kann, diese Erkenntnis ist außerordentlich beunruhigend.


Einige Charakteristika paranoider Persönlichkeitseigenschaften (nach Rainer Sachse, Persönlichkeitsstörungen sowie Wikipedia):

  • Allgemeines Gefühl der Bedrohung von nicht näher spezifizierten „Mächten“; die Art der Bedrohung ist oft kaum konkretisierbar („something is going on…“)
  • Misstrauen: Argwohn gegenüber Anderen, denen feindselige und böswillige Motive unterstellt werden; dies kann sich habituell auf weite Teile der sozialen Umwelt des Betroffenen beziehen oder sich weitgehend auf bestimmte Personengruppen (Feindbilder) beschränken, wie Farbige, Muslime, Juden oder Journalisten; Neigung zur Fehlinterpretation des Verhaltens Anderer als feindselig und bedrohlich („the muslims hate us“); aufgrund dieser Missdeutungen reagiert das paranoide Individuum seinerseits feindselig, und es entstehen Teufelskreise im Sinne von sich selbst erfüllenden Prophezeihungen
  • Neigung, sich hintergangen, ausgenutzt, geschädigt oder getäuscht zu fühlen
  • häufige Beschäftigung mit unbegründeten Gedanken an Verschwörungen als Erklärungen für Ereignisse in der näheren oder weiteren Umwelt
  • überhöhtes Selbstwertgefühl und ausgeprägte Selbstbezogenheit; Erleben eigener Stärke in Verbindung mit dem Gefühl, sich nur auf sich selbst verlassen zu können; Überheblichkeit
  • starkes Bedürfnis nach Autonomie und der Definition und Verteidigung eigener Grenzen bzw. des eigenen Territoriums (Besitzes, Landes etc); das eigene Territorium muss von anderen unbedingt respektiert werden, seine Grenzen dürfen nicht unbefugt überschritten werden („we will build the wall“); in Bezug darauf permanenter Alarmzustand und ständige Kampfbereitschaft 
  • Tendenz zu übermäßiger Empfindlichkeit und Kränkbarkeit, daher häufige Konflikte mit dem sozialen Umfeld; die Betroffenen fühlen sich extrem leicht angegriffen und reagieren zornig bzw. mit Gegenangriff („Counterpuncher“)
  • Neigung zu lang andauerndem Groll; nachtragend; subjektiv erlebte Kränkungen, Beleidigungen oder Herabsetzungen werden nicht verziehen
  • Streitbarkeit; Rechthaberei bis hin zu querulatorischen Tendenzen; beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten;
  • Neigung zu Schwarz – Weiß-Denken; „für mich oder gegen mich“
  • Tendenz zu hartem, kompromisslosen Vorgehen

Last not least gibt es erste Berichte über gravierende Arbeitsstörungen des Präsidenten (s.u. „Trump struggles to shake his erratic campaign habits“) wie die Tendenz, sich bei der Erörterung komplexer Themen rasch zu langweilen und viel Zeit mit exzessivem Fernsehkonsum zu verbringen. Er habe eine geringe Aufmerksamkeitsspanne und tue sich schwer, sich längere Zeit konzentriert mit einem Thema zu befassen. Wenn die Dinge nicht so laufen, wie er es sich vorstellt, werde er schnell wütend und neige dann zu impulsiven aggressiven Reaktionen. Es sei ausgeschlossen, ihn mit Irrtümern zu konfrontieren, wenn Dritte im Raum sind, da er in einer solchen Situation einen Irrtum oder Fehler niemals einräumen werde. Allenfalls in Gesprächen unter vier Augen sei er dafür ansatzweise aufnahmebereit. Von Insidern wird er nach seiner ersten Woche im Amt mit einem launischen Teenager verglichen.

Überdies halte ich es für wahrscheinlich, dass der neugewählte Präsident Leichen im Keller hat, die im Laufe der Zeit auffliegen dürften (vgl. den Aufruf von WikiLeaks an potenzielle Whistleblower hinsichtlich der von Trump unter Verschluss gehaltenen Tax Returns).

Die bereits in der Endphase des Wahlkampfs von seinem engsten Umfeld, im wesentlichen von seiner Familie, praktizierte enge Begleitung durch einen persönlichen Vertrauten Donald Trumps als permanenten Einflüsterer und Aufpasser wird auf die Dauer nicht tragfähig sein. Es ist eine Illusion zu glauben, ein Präsident Trump sei gewissermaßen als Marionette seiner Tochter Ivanca oder seines Schwiegersohns Kushner politisch überlebensfähig.

Ebenso halte ich den Gedanken, sein Kabinett oder sein Stab könnten ihn lenken und leiten, für eine Illusion. Eine derartige tendenzielle Entmachtung würde ein von Grandiositäts- und Omnipotenzvorstellungen durchdrungener Narzisst nicht zulassen. Der Einwand, die eigentliche Politik werde ohnehin von der Administration gemacht, der Präsident selbst sei nur das Aushängeschild, verkennt ebenfalls, dass Trump sich darauf nicht reduzieren lassen wird. Zudem ist es der Präsident selbst, der von den Medien auf Schritt und (Fehl-) Tritt beobachtet und kommentiert werden wird, und der zumindest als Aushängeschild einigermaßen „funktionieren“ müsste, wie es z.B. Ronald Reagan in hervorragender Weise gelang. Von Trump hingegen ist eher zu erwarten, dass er kaum ein Fettnäpfchen auslassen wird.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Stimmung in der amerikanischen Öffentlichkeit entwickelt, wenn zunehmend deutlich wird, dass der drastische Autoritarismus (s. auch hier), der Donald Trumps Persönlichkeit prägt, von einer rechtsextremen Mentalität und faschistoiden Tendenzen (s. auch hier) kaum mehr zu unterscheiden ist. Es ist gut denkbar, dass ein erheblicher Teil derjenigen Wähler, die ihm ihre Stimme nur deshalb gegeben haben, weil sie das Washingtoner Establishment abwählen wollten, die aber keine genuinen Trump-Anhänger sind, sich von ihm abwendet, wenn das ganze Ausmaß an Irrationalität und Psychopathologie zutage tritt, das die Persönlichkeit und das Handeln des amerikanischen Präsidenten bestimmt.

Aufgrund dieser – hier nur kursorisch umrissenen – Faktoren prognostiziere ich ein Scheitern Trumps noch vor dem Ende seiner Amtszeit. Schritte auf diesem Weg werden an dieser Stelle weiterhin dokumentiert und kommentiert werden.

Diese Prognose bezieht sich auf die Person Donald Trump. Für den Fall, dass er eines Tages gezwungen sein würde, zurückzutreten (wie Nixon wegen der Watergate-Affaire) und Vizepräsident Mike Pence Präsident werden würde, würden die hier genannten Faktoren entfallen und die Karten neu gemischt werden.

  • Zur Persönlichkeit Donald Trumps
  • Zunehmend werden in den Vereinigten Staaten Stellungnahmen von Psychotherapeuten („shrinks“) veröffentlicht, die Donald Trump eine „mental illness“ bescheinigen und es als ihre Aufgabe ansehen, die Öffentlichkeit angesichts Machtfülle des amerikanischen Präsidenten über die Gefahren aufzuklären, die damit verbunden sind, wenn eine Person mit gravierenden Persönlichkeitsstörungen dieses Amt bekleidet. 
  • President Trump exhibits classic signs of mental illness, including ‚malignant narcissism,‘ shrinks say – Gersh Kuntzman – New York Daily News, 29.01.2017
    • „The time has come to say it: there is something psychologically wrong with the President.“
    • „(…) frightened by the President’s hubris, narcissism, defensiveness, belief in untrue things, conspiratorial reflexiveness and attacks on opponents, mental health professionals are finally speaking out. The goal is not merely to define the Madness of King Donald, but to warn the public where it will inevitably lead.“
    • A top psychotherapist affiliated with the esteemed Johns Hopkins University Medical School said Trump „is dangerously mentally ill and temperamentally incapable of being president.” The expert, John D. Gartner, went on to diagnose Trump with “malignant narcissism.”
    • In an earlier effort just after the election, thousands of shrinks joined a new group called „Citizen Therapists Against Trumpism,“ which quickly released a „Public Manifesto“ to warn America about its leader’s apparent psychosis.
    • „We cannot remain silent as we witness the rise of an American form of fascism,“ the manifesto states. The psychological warning signs? „Scapegoating …, degrading, ridiculing, and demeaning rivals and critics, fostering a cult of the Strong Man who appeals to fear and anger, promises to solve our problems if we just trust in him, reinvents history and has little concern for truth (and) sees no need for rational persuasion.“
  • Zur Möglichkeit eines Amtsenthebungsverfahrens (impeachment):
  • Trumps erste Skandale an „day two
    • sein misslungener Auftritt bei der CIA
      • Trumps hat eine in geradezu grotesker Weise unpassende Rede vor den CIA-Mitarbeitern u.a. dazu verwendet, über die „unehrenhaften Medien“ herzuziehen, die falsche Angaben über die Zuschauerzahlen bei seiner Amtseinführung gemacht hätten, damit zu prahlen, wie oft er im letzten Jahr auf dem Titelblatt des Time-Magazins abgebildet war, und zu bedauern, dass man seinerzeit nicht Iraks Öl „genommen“ hat – aber vielleicht werde es eine zweite Chance geben. Sein Auftritt brachte ihm u.a. eine vernichtende Kritik des ehemaligen CIA-Direktors Brennan ein („he should be ashamed of himself“).
    • sein wahrheitswidriges Bestehen darauf, das Publikum bei seiner Inauguration sei zahlenmäßig größer gewesen als bei allen anderen Präsidenten.
  • Dear Mr President: welcome to the real world – David A. Andelman, CNN, 20.01.2017
    • David A. Andelman, editor emeritus of World Policy Journal and member of the board of contributors of USA Today, is the author of „A Shattered Peace: Versailles 1919 and the Price We Pay Today.“
    • „The US could lose the new Cold War before it’s even started“
  • Trumps erster Tag: Narziss und Schoßhund – Kolumne von Christian Stöcker – Spiegel Online, 22.01.2017
    • „Donald Trump ist ein Narzisst, das war klar. Wie kränkbar der neue US-Präsident ist, verblüfft dann aber doch. Wie sein Sprecher für ihn lügen muss, auch. Trumps erster Tag in Zitaten.“
  • Streit über Amtseinführung: Trumps Kampf um die Bilder – Tagesschau, 22.02.2017
    • „Enttäuschend wenige Besucher bei der Amtseinführung? Der neue US-Präsident Trump findet derlei Berichte empörend. Sein Sprecher drohte der Presse mit Konsequenzen. Und auch ein versöhnlich gemeinter Besuch bei der CIA löst eine Kontroverse aus.“
  • Trumps Pressesprecher: Vier Falschaussagen in fünf Minuten – Bayerischer Rundfunk, 22.01.2017
    • „Es war ein denkwürdiger Auftritt: Knapp fünf Minuten redete der neue Pressesprecher des Weißen Hauses bei seiner Premiere. Dabei verdrehte Sean Spicer mindestens vier mal die Fakten zu seinen Gunsten.“
  • Ex-CIA-Chef: Trump sollte sich schämen – ntv, 22.01.2017
    • „Der frühere CIA-Direktor Brennan ist tieftraurig und verärgert über Donald Trumps verabscheuenswürdige Darstellung der Selbstverherrlichung vor der CIA-Gedenkwand mit den Helden der Agentur“, twitterte der frühere stellvertretende CIA-Stabschef Nick Shapiro. „Brennan sagt, dass Trump sich schämen solle.“

(mehr …)