Die Qualität der Kommentare und Analysen zur Finanzmarktkrise in den Medien ist höchst unterschiedlich. Während das Gros der Presseartikel im wesentlichen die mittlerweile gut bekannten Fakten und Ansichten variiert, finden sich hin und wieder Stellungnahmen, die sich durch besonderen analytischen Tiefgang, unkonventionelle Ideen oder brillante Argumentation auszeichnen. Sie werden an dieser Stelle gesammelt.
Lageberichte
- „Zertifikate: Wetten auf die Zukunft“ – Sehr guter Artikel über die immer exotischeren Produkte der Geldanlage-Branche („Zeit“ vom 30.08.2007)
- „Milliarden für die eiserne Reserve“ – Zur Lage der deutschen Banken und Sparkassen – „Der Spiegel“ am 4. Okt. 2008
- „Finanzkrise reißt US-Wirtschaft mit sich“ – Astrid Dörner (New York) am 9. Okt. 2008 in der „Zeit“
Hintergrundberichte (was schief ging und wie es dazu kam)
- „The Reckoning – exploring the causes of the financial crisis“ – Artikelserie der New York Times über die konkreten Abläufe in einzelnen Institutionenen, die in die Krise führten
- „Agency’s ’04 Rule Let Banks Pile Up New Debt“ – Wie die amerikanische Regulierungsbehörde SEC die Überschuldung der US-Banken gefördert und Probleme abgetan hat (2. Okt. 2008)
- „Citigroup Saw No Red Flags Even as It Made Bolder Bets“ – Wie Managementfehler die Citigroup an den Rand des Abgrunds führten (23. Nov. 2008)
- „Soll und Haben“ – Autobiografischer Bericht eines Wall Street Bankers über Denkweise und Lebensstil typischer Investmentbanker (FAZ, 11. Okt. 2008)
Makroökonomische Analysen
- „Warum die Wirtschaftkrise uns noch lange quälen wird“ – Analyse des Berliner Ökonomen Henrik Enderlein vom 2. Okt. 2008 im „Spiegel“
- „Is This a Replay of 1929?“ – Robert J. Samuelson über Ähnlichkeiten und Unterschiede zur Weltwirtschaftkrise der 1930er Jahre in Newsweek am 4. Okt. 2008
- „Banken stecken in der Vertrauensfalle“ – Susanne Amann untersucht die Kreditklemme im „Spiegel“ am 8. Okt. 2008
- „Schuldengrenze lockern“ – Empfehlung von Richard Koo (Nomura Forschungsinstitut, Tokio) in der „Zeit“ vom 8. Okt 2008
- Building a Better Bailout: How Washington could have helped the market at no cost to taxpayers – Veronique de Rugy und Philippe Lacoude am 8. Okt. 2008 in reasononline
- „Alles ist vergiftet“ – Interessant, aber nicht unumstritten: die Krisenanalyse der wirtschaftspolitischen Korrespondentin der taz, Ulrike Herrmann, am 9. Okt. 2008
- „How This Bear Market Compares“ – Interaktive Grafik zum Vergleich von Börsenbaissen am 11. Okt. 2008 in der New York Times
- „Nach der Krise ist vor der Rezession“ – Thomas Fricke erläutert in der FTD vom 17. Okt. 2008, weshalb die Finanzkrisen-Rettungsaktionen die Weltwirtschaft vor einer Rezession nicht bewahren werden – und was nun getan werden sollte.
- „Was der Westen wirklich unternehmen muss“ – Treffende Zusammenfassung der notwendigen Maßnahmen zur Reform des Finanzsystems von Willi Semmler für Spiegel Online (18. Nov. 2008)
Kommentare
- Leitartikel „Das Spiel ist aus“ von Robert von Heusinger in der Frankfurter Rundschau vom 8. Okt. 2008
- „Moment of Truth“ – Paul Krugman in der New York Times vom 9. Okt. 2008 (Vier Tage später erhielt Paul Krugman den Wirtschaftsnobelpreis.)
- „Was wird morgen sein?“ – Frank Schirrmacher geht in der FAZ am 11. Okt. 2008 davon aus, dass die Finanzmarktkrise unser wirtschaftspolitisches Denken grundlegend in Richtung einer Kritik am Kapitalismus und an der Globalisierung verändern wird. Evtl. ist er da zu optimistisch.
- „Schließt das Finanz-Casino!“ – Gastkommentar des Attac-Finanzmarktexperten Stephan Schilling in der Berliner Zeitung vom 11. Okt. 2008: (Mit dem Finanzmarktkapitalismus hat sich) „auch das Verhältnis zwischen Realwirtschaft und Finanzsystem pervertiert. Der Renditedruck gigantischer Vermögen, die auf der ganzen Welt nach profitablen Anlagen suchen, ist in alle Poren des wirtschaftlichen und sozialen Lebens eingedrungen.“
- „Banken gerettet, Staat pleite“ – Kolumne von Wolfgang Münchau in der Financial Times Deutschland vom 15. Okt. 2008: Mit dem europäischen Rettungspaket haben wir ein privates Kreditproblem womöglich in ein weltweites Solvenzproblem transformiert – wenn schließlich der globale Bondmarkt einbricht.
Interviews
- „Es ist ein Horror“ – Globalisierungskritikerin Saskia Sassen in der taz vom 22. Sept. 2008 über die Finanzkrise: Als Interview eher misslungen und schlecht übersetzt, aber – leider nur in Andeutungen – eine hochinteressante Sichtweise der tiefergehenden systemimmanenten Ursachen und Mechanismen der Krise (auch einige der Kommentare dazu sind lesenswert)
- „Die Banker haben die Marktwirtschaft verraten“ – Interview mit Altbanker Ludwig Poullain (88) in der FAZ vom 6. Okt. 2008
- „Schlimmer als die Große Depression“ – Interview mit Wirtschaftnobelpreisträger Joseph Stiglitz in der Berliner Zeitung vom 9. Okt. 2008
- „Finanzindustrie hat zu viel Einfluss“ – Interview mit dem Ökonomen Jagdish Bhagwati im Handelsblatt vom 10. Okt. 2008 – „Jagdish Bhagwati gilt als Guru der Globalisierung und ist einer der weltweit führenden Ökonomen. Im Interview mit dem Handelsblatt kritisiert der Inder das Netzwerk einer Machtelite aus Politik und Finanzwirtschaft.“ Die Kritik beschränkt sich auf Auswüchse der Finanzindustrie – Kontrast zu Stiglitz.
- Kapitalismuskritik: „Phantastischer Gedächtnisverlust“ – Altmeister Hans Magnus Enzensberger am 3. Nov. 2008 im „Spiegel“ über die zyklischen Krisen, die der Kapitalismus unvermeidlich immer wieder hervorbringt.
Dokumente
- Schreiben von Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) an Bundesfinanzminister Steinbrück vom 29. Sept. 2008 zu den notwendigen Rettungsmaßnahmen für die Hypo Real Estate
- Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) im Wortlaut – 13. Okt. 2008
- Obama / Biden Rescue Plan for the Middle Class – 14. Okt. 2008