Aufspaltung des Euro: die Kostenprognose – und ein Verdacht

Die Folgekosten eines Auseinanderbrechens des Euro hat jetzt ein Analystenteam der Schweizer UBS in einer englischsprachigen Studie berechnet. Die Zusammenfassung in deutscher Übersetzung:

„Den Euro in seiner gegenwärtigen Form sollte es nicht geben. In seiner derzeitigen Struktur und mit den jetzigen Mitgliedsstaaten funktioniert er nicht. Entweder die Struktur muss geändert werden oder die Zusammensetzung der Mitglieder.  (…)

Falls ein schwaches Land den Euro verlassen würde, hätte es erhebliche Folgekosten zu tragen. Die Konsequenzen wären Staatsbankrott, Unternehmenskonkurse, Kollaps des Bankensystems und des internationalen Handels. Die Aussichten, dass die damit einhergehende Abwertung einer neuen, eigenen Währung in dieser Situation erhebliche Unterstützung bieten würde, sind gering.  Wir schätzen, dass der Austritt eines schwachen Landes aus der Eurozone im ersten Jahr zu Kosten von ungefähr 9.500 bis 11.500 Euro pro Einwohner dieses Landes führen würde – etwa 40 % bis 50 % des Bruttosozialprodukts. In den Folgejahren würden wahrscheinlich Kosten in Höhe von 3.000 bis 4.000 Euro pro Jahr und Einwohner entstehen.

Würde ein starkes Land wie Deutschland aus der Eurozone austreten, so würde das  Unternehmensinsolvenzen, eine Rekapitalisierung des Bankensystems und einen Kollaps des internationalen Handels nach sich ziehen.

Falls Deutschland den Euro aufkündigen würde, rechnen wir mit Kosten von 6.000 bis 8.000 Euro pro Einwohner im ersten Jahr und ca. 3.000 bis 4.000 Euro jährlich in den Folgejahren.

Im Vergleich dazu würden die einmaligen Kosten für ein komplettes „Bailout“ von Griechenland, Irland und Portugal etwas mehr als 1.000 Euro pro Einwohner betragen.“

Außerdem weist die UBS auf die politischen Folgen eines Auseinanderbrechens des Euro hin. Der internationale Einfluss Europas würde sich erheblich verringern. Zudem habe das Auseinanderbrechen fast jeder künstlichen Währungsgemeinschaft in der Vergangenheit zu  einer Form von autoritärer Regierung oder Militärregierung geführt, oder sogar zu Bürgerkrieg.

Nachtrag am 14.  September 2011:

Frontal 21 bezog sich in der heutigen Sendung auf die UBS-Studie und lies Stephane Deo, einen der Autoren, zur Frage einer Insolvenz Griechenlands Stellung nehmen:

„Wenn man das tut, riskiert man in allen anderen Ländern Europas einen Sturm auf die Banken. Jeder Bürger wird doch glauben, wir sind als nächste dran, da holen wir lieber das Geld vorher ab. Der Ausschluss eines Landes hätte dramatische Folgen für alle. Es wird ja davon gesprochen, dass einige Länder sich zusammenschließen, um Griechenland aus dem Euro zu drücken. Das kann gefährlich werden.“

„Wenn das passiert und der Euro wirklich auseinander bricht, sind die Konsequenzen dramatisch. Riesige Probleme auf den Finanzmärkten wären die Folge. Dagegen wäre die Lehman-Pleite ein Kinderspiel gewesen.“

Der Kommentar von Frontal 21 dazu:

„Ein Domino-Effekt könnte Portugal, Spanien, Italien und Irland erfassen. Auch dort käme es zu einem Sturm auf die Banken. Einem Bank-Run, der den Euro insgesamt sprengt. (…) Ganz Europa würde von Unruhen erfasst, wirtschaftlich einbrechen, warnen die Banker. So bleibe Deutschland und anderen nur eine Alternative: Griechenland und damit den Euro retten, um jeden Preis.“

Angesichts der drastischen Prognose Herrn Deos, man riskiere einen Bank-Run „in allen anderen Ländern Europas“, sah ich die UBS-Studie nun in einem neuen Licht. Mich beschlich der Verdacht, hinter dieser  Dramatisierung der Folgen einer Insolvenz Griechenlands könnten verborgene Interessen stecken. Von einem Staatsbankrott am stärksten betroffen wären natürlich die europäischen Banken – aufgrund der Forderungsausfälle, die abgeschrieben werden müssten und Löcher in die Bilanz reißen würden. Müssten Banken wie die UBS den Gürtel dann eventuell enger schnallen? Käme es gar zu betriebsbedingten Kündigungen, auch in den Research-Abteilungen? In jedem Fall gerieten Europas Großbanken in schweres Wetter, und welcher Banker möchte das schon. Liegt es da nicht nahe, die Folgen einer Griechenland-Pleite aufzubauschen, um sowohl Politiker als auch die öffentliche Meinung einzunorden auf „… nur eine Alternative: Griechenland und damit den Euro retten, um jeden Preis.“ Ein Verdacht nur, keine gesicherte Erkenntnis.

Siehe auch:

In diesem Zusammenhang will ich nochmal auf das Schreiben von Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) an Bundesfinanzminister Steinbrück vom 29. Sept. 2008 hinweisen, das dem Minister seinerzeit die systemsprengenden Folgen drastisch vor Augen führte, die eintreten würden, sollte er die damals schwer angeschlagene Hypo Real Estate nicht aus Staatsmitteln retten. Seinen Amtseid vor Augen rettete der Minister – koste es, was es wolle. Bislang aus Steuergeldern 87 Mrd. Euro an Beihilfen und Garantien (Quelle: Wikipedia).

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